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schüttelte alle Büsche und Blumen auf, ob nicht ein feiner und hübscher Jüngling darunter schlafe – ach! aber nicht im ganzen Dorfe, nicht in der Kirche und hinter den Fenstern nicht auf der grünen Wiese und in dem Eichenwalde und nicht bei Sonnenschein und nicht bei Sternenschein konnte sie ihren geliebten Baurendom finden. Sonst ging es Mariechen sehr wohl. Die Bäuerin, bei welcher sie als kleine Magd diente, war eine fromme und freundliche Frau, welche Mariechen bald überaus lieb gewann sie wie ein Kind im Hause hielt und ihr nichts anderes als reinliche und leichte Arbeit auflegte.

So hatte Mariechen sich in Weiseritz wohl einen Monat gesehnt und oft im Stillen geseufzet und geweint, daß der Dom immer nicht erscheinen wollte – siehe! da ist der Dom wirklich gekommen. Die Bäuerin, bei welcher Mariechen als kleine Magd diente, hatte einen einzigen Sohn, der hieß Hans. Diesen hatte sie nach Wittenberg in eine Schule geschickt, daß er ein wenig mehr lernen mögte als gewönliche Bauerkinder und dann seines Vaters Gütchen vorstände, welches das ansehnlichste im ganzen Dorfe war. Die Frau war aber eine Wittwe und hieß Else Gödeke. Hans hatte nun seine Schule durchgemacht und kam zu Hause. Er war siebenzehen Jahre alt, ein schöner schlanker Jüngling, mit blauen

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 456. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_456.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)