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     Ein süßes Liebesseufzerlein
Liegt unter diesem Grabestein,
Es war ein holdiges Königskind,
So hold, als wenige Kinder sind.

     Es war ein Liebesseufzerlein,
Ein rechter Liebesjuwelenstein,
Hat herrlich gefunkelt und gebrannt,
Nun decket es ein Häuflein Sand.

     Es war ein Liebesseufzerlein,
Das küßte alle Blumen im Hain,
Das nahm die Bäume die Stein’ in’n Arm,
Nun schläft es ledig von Müh und Harm.

     O Aechzerlein! o Seufzerlein!
Herbei nun alle groß und klein!
Und stimmet den nächtlichen Klagesang
Zu liebender Herzen Glockenklang.

     O Aechzerlein! o Seufzerlein!
Würde jede Thräne ein Edelstein,
Würde jedes Ach ein heller Demant,
Wir kauften wohl manches Königes Land.

     O Aechzerlein! o Seufzerlein!
Würde jede Klage ein Sandkörnlein,
Das allerfeinste Sandkörnlein,
Wir stiegen bald in den Himmel hinein.

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 444. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_444.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)