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statt, die der Verherrlichung des poetischen oder künstlerischen Genius eines unserer Landsleute galt, wo er nicht durch seine Anwesenheit zur Hebung der geselligen Freude beigetragen oder wenigstens durch einen lyrischen Gruß der originellsten Art die Festgesellschaft aus der Ferne erfreut hätte. Gewöhnlich erschien er in Gesellschaft seines Studiengenossen und lebenslänglichen Freundes J. V. Scheffel auf schwäbischem Boden, wo beide in der Person des heiteren Oberamtsrichters W. Ganzhorn zu Neckarsulm den Dritten im Bunde wussten – gleich wolgemut bei Lied und Wein. (Vergl. Neue Wanderlust 1860: „Nach dem Württembergerländle lass mich rutschen, liebes Mändle“, Original im Lyrischen Kehraus 1869 II, S. 184).

Gleich Scheffel war und blieb er auch als Dichter der Liebling der goldenen Jugend, d. h. des deutschen Studententums. Enthält doch das Allg. deutsche Kommersbuch (Verl. v. M. Schauenburg, Lahr) nicht weniger als 30 Proben seiner lebensfreudigen Muse, welche zum größten Teil heute noch mit Wonnegefühl gesungen werden! Unbestritten groß war er auf dem Gebiet des studentischen Heldengedichts („Der verlorene Sohn“) und des kulturhistorischen Scherzlieds („Diogenes“, „Gotenlied“, „Krok der Alemanne“, „Altes Schwedenlied“ u. s. f.); durchaus einzig sind seine Biedermaierschen Satiren auf die (vielfach mit der Politik verquickte) litterarhistorische Kritik um die Mitte unseres Jahrhunderts („Litteraturballade“, „Matthi-sonate“, „Heines letzter Gedanke“, „Hoffmännischer Tropfen“, „Nach Scheffelmaß“ u. a. m.), wodurch er weder dem Ansehen seiner dichterischen Persönlichkeit, noch dem freundschaftlichen Verhältnis zu den Betroffenen, soweit sie noch lebten, Schaden brachte. Seine patriotischen Gesänge (z. B. „Reichschoral“, „Lied vom deutschen Volk“) sind stimmungsvolle Widerspiegelungen der deutschen Reichsbegeisterung im großen Jahre 1870/71.[1]


  1. Schon als Student schuf er jene heiteren Verse, die ihn so rasch bekannt machten. Vergl. seine „Gedichte in allerlei Humoren“ 1853. Später erschienen von ihm (meist im Verlage seines Freundes M. Schauenburg, Lahr) „Die Pfalzgrafen“, „Lyrischer Kehraus“ I. II. „Lyrische Karikaturen“, „Biedermaiers Liederlust“, „Melodien“, „Hortus deliciarum“. Seine „Gesammelten Dichtungen“ sind als humoristisches Testament des Dichters 1890 in 2 Bünden bei A. Bonz u. Kp. in Stuttgart erschienen.
Empfohlene Zitierweise:
Fridrich Pfaff (Hrsg.): Alemannia XX. Hanstein, Bonn 1892, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XX_009.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)