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Sonst flossen doch mir immer die Sonette,
Unmutig warf ich meine Feder nieder;
Erst brecht mir auseinander diese Kette,
Dann wallt entfesselt auch der Strom der Lieder –

war eine süße Täuschung. Nur gelegentlich kam er später auf diese Jugendliebhaberei zurück. Dagegen fand er schon in den ersten Tagen seiner unfreiwilligen Muße sein Glück in fleißiger Arbeit auf einem wissenschaftlichen Gebiete, wo sein Geist die erwünschte Freiheit zu finden hoffen konnte – im Studium der Philologie. In die Heimat entlassen, befreundete er sich mit Einwilligung der Seinen sofort mit dem Gedanken, demselben sein Leben zu weihen. Schon damals tat er, wie er seinem Busenfreunde Rudolf Schmid (gegenwärtig Oberhofprediger in Stuttgart) brieflich mitteilte, recht bedeutsame Blicke in die Geheimnisse der vergleichenden Sprachwissenschaft: „es ist nur eine Idee bis jetzt, sie steht vor mir wie der bleichste Nebelfleck des Himmels, der aber Welten aus Welten in seinem Zauberdunste birgt; oft in einem einzigen Worte öffnet sich der dunkle Abgrund des schattenden göttlichen Sprachgeistes und lässt in grenzenlose Tiefen hinabsehen.“

Von der philologischen Staatsprüfung, deren Erfolg ihm mit der Zeit ein sicheres Unterkommen verschafft hätte, im Herbst 1849 zurückgewiesen, fand er bald, dass vorerst in der Heimat seines Bleibens nicht sei. So suchte und fand er als Hofmeister zu Deidesheim und in Crefeld sein tägliches Brot. Als er nach Jahren in das ausgestorbene Elternhaus zurückkehrte, erhielt er endlich 1853 die Erlaubnis zur Erstehung des s. g. Präzeptoratsexamens. Mit genauer Not erhielt der gebrandmarkte Achtundvierziger 1854 die dürftige Stelle eines Kollaborators (Elementarlehrers) an der Lateinschule des Städtchens Weinsberg, und auch diese zuerst nur als Verweser. Doch unverdrossen ging er an die Schularbeit, indem er vom ersten Augenblick an bemüht war, der ihm anvertrauten Schulklasse aus dem reichen Schatze seines Wissens und Könnens jederzeit das beste zu bieten. Schon hier begann er, das Nibelungenlied und die Gudrun für die Jugend zu bearbeiten, und bereits 1856 erschien sein „Liederbuch für die Jugend bis zum 14. Jahr“ (7. Aufl. 1892 bei Becker-Merker,

Empfohlene Zitierweise:
Fridrich Pfaff (Hrsg.): Alemannia XXI. Hanstein, Bonn 1893, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XXI_106.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)