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sie möge ins Teufels Namen gen wohin sie wollte. Beim Gange übers freie Feld begegnete ir ein schwarzer Soldat zu Rosse, der sie anredete: wohin des Weges? Gott weiß es, erwiderte sie im, ich habe zu Hause weder zu nagen noch zu beißen, bin gezwungen zu betteln! Willst Du in meinen Dienst gen, hast du Geld, Speise und Trank außer Brotes genug, magst Dir lezteres wol um Geld schaffen. Diente im 2 Jare und ward unterdes schändlich misbraucht. Da mutete er ir zu, damit sie im verbündlich bleibe, sie solle sich im unterschreiben. Sie willigte ein unwißend daß sie sich mit dem Teufel vertrage. Sie könne auch nicht schreiben. Er verlezte ir den Finger und unterschrib mit dem Blute einen Zettel. Verlangte indes nicht Ableugnung Gottes. Wie sie an Zeichen merkte wessen Mannes, daß es nicht geheuer sei, beschloß sie sich diser abscheulichen Dienstbarkeit zu entladen. Sie verlobte sich nach Einsideln und ward gerettet. – Eine wolgestaltete Jungfrau trat bei einem Edelmann in den Dienst, ward eines Kindes schwanger. Dem Schimpfe und der Schmach zu entgen (und in Verhaft gezogen) unterschrib sie sich eigenhändig dem Teufel auf einen Zettel und ergab sich im. Er machte sie des Kerkers ledig, bestellte sie an einen Ort wo sie eine Menge gleich bedauernswerte Gesellschafterinnen vorfand. Sie erschrak, rief die Einsidler Mutter Gottes an und gelobte ir Leben im Kloster zu büßen. Sie kam nach Einsidlen; der grüne Donnerstag war der Ablaufstag des Bündnisses. Von furchtbarer Angst geplagt tat sie reuig Buße. Der Zettel fiel vor ir in der Kapelle bei verschloßenem Chorgitter auf den Altar herab und sie war gerettet. – Magaritha Hogis von Cornimont in Lothringen bekam an irem Hochzeitsfeste einen verzauberten Trunk Wein. Der böse Geist hatte sie beseßen; sie erwildete, floh in den Wald und war nicht mer heimzubringen. Weder Gatten noch Freundschaft mochte sie mer ansehen. Blib 1½ Jar so draußen, ward 1714 nach Einsideln gebracht, im Heumonate, und ist so ires schlimmen Wesens erledigt worden.


7 DIE HEIDENKAPELLE BEI OBERDORF[1]

An der Straße von Solothurn nach Oberdorf, einem Pfarrdorfe, von dem eine Straße auf den Weißenstein fürt, ligt die sog. Heiden-Kapelle, deren Entstehung die Volkssage also erzält: im Münster zu Solothurn hatten Räuber einen Diebstal im Tabernakel verübt und die entwendete Hostie auf irem Wege in einen Zaun geworfen; da seie einem Vorüberreitenden das Pferd auf die Kniee nidergefallen, was auf die Entdeckung der Hostie gefürt, die man dann zurück gebracht und zum Gedächtnis des Ereignisses dise Kapelle erbaut habe.



  1. Dise Sagen lagen im Nachlaße des badischen Sagensammlers BBader.
Empfohlene Zitierweise:
Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia XV. Hanstein, Bonn 1887, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XV_135.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)