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des Tales musten vor irer Hochzeit jeweils vier Wochen lang auf der Burg zubringen. Der lezte der Zwingherren trib es noch am Schlimmsten; seine Gräueltaten machten in überall verhaßt. Um deshalb seine Wege zu verbergen, ließ er sein Reitpferd verkert beschlagen, so daß, wenn er weggeritten, man glauben muste, er sei heimgekert, und wenn er nach Hause gekommen, die Spuren nach auswärts fürten. Auf seiner Burg hielt er oft nakte Bälle. Das Maß seiner Laster war aber nun voll. Als am Weihnachtstage seine Frau in die Kirche nach dem benachbarten Bondorf gegangen, war bei irer Rückker das Schloß spurlos verschwunden. Die wenigen Bewoner, die sich noch zu flüchten gewußt, erzälten der Schloßherrin: wärend des Gottesdienstes habe der Herr mit dem Dienstmädchen in ganz entblößtem Zustand einen Tanz aufgefürt und da sei die Burg in die Tiefe versunken. Auch ein Kind war noch gerettet worden, da es die Wärterin in einem irdenen Topf hatte den Berg hinab rollen laßen.

Andere erzälen dagegen den Untergang des Schloßes folgendermaßen: An einem Sonntage ward wärend des Vormittagsgottesdienstes bei lustiger Musik ein nakter Ball in der Burg gehalten. Da ereilte die Frevler die gerechte Strafe. Der Himmel verfinsterte sich, schwarze Wolken zogen sich zusammen, ein heftiges Gewitter mit schreklichem Bliz und Donner brach plözlich los und ein Blizstrahl traf das Schloß, welches mit Mann und Maus niderbrannte. Die Großmutter wonte gerade dem Gottesdienst in Billafingen bei; da kam der Schloßhund, welcher sich losgerißen, mit der Kette zu ir in die Kirche und die Greisin wuste nun das Schicksal der Burg.

Von einem Gebäude finden sich jedoch auf dem Bühl keine Reste; nur lose Steine ligen umher; ebensowenig sind irgendwo Brandspuren zu entdecken. Dunkle Tannen bedecken den Berg und zalreiche Fuchslöcher schauen an den Abhängen vor und zeigen, daß der ganze Hügel unterminiert ist. Die Leute aber behaupten, daß tiefe Verliese weit unter der Erde hingehen und einen Schaz bergen. Noch jezt suchen am Karfreitag bißweilen Knaben hier nach Geld und sollen solches auch schon gefunden haben. Auch der Großvater des benachbarten Hofbauern soll hier einst Goldmünzen in großer Menge gefunden haben und sei dadurch reich geworden. Einst giengen Kinder auf die Zwingenburg und sahen erstaunt unter einer Tanne einen ganzen Haufen „Zugören“ (Rörenknochen von Schafen, Zigen, welche zum Befestigen der Zugstränge am Rosskummet dienen). Sie erzälten diß zu Haus, worauf ir Vater auf den Berg gieng, aber nirgends war mer Etwas zu sehen. Hätten die Kinder die Nadeln gleich mitgenommen, so hätten sie vil Geld nach Hause gebracht. Ein ander Mal besuchten Knaben die Zwingenburg und sahen ein glänzendes Kegelspil samt Kugeln daligen, sie sezten die Kegel auf und kegelten nach Herzenslust; plözlich aber rollten Kegel und Kugeln den

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Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia XVIII. Hanstein, Bonn 1890, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XVIII_185.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)