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Casus zugetragen mit einem vom leidigen Satan verstrickten, jedoch desselben Macht und Tyranney glücklich wider entrückten Kauffmanns-Diener N. N., das ist unlängsten in einem besondern Poëtischen Werck, unter dem Titel deß verkerten und bekerten Ophiletis, auf die Traur-Büne gestellet, und durch eine sinnreiche Frauens-Person, Sibylla Schusterin, in wolklingenden Teutschen Reimen abgefasset worden[1]. Die vorangesezte warhafftige Geschicht lautet von Wort zu Wort also: Ein junger Kauffmanns-Diener von Memmingen war im Jar Christi 1646 an St. Stephans-Tag, Neuen Calenders, auf ein Dorff, sich im Wirtshauß lustig zu machen, spaziren geritten, und hatte daselbsten einen vermeinten Werber angetroffen, welcher sich zu im an den Tisch gesezt, und mit bequemer Gelegenheit von der verdamten Kunst, sich fest, oder Stich- und Schuß-frey zu machen, zu discuriren angefangen, Krafft welcher er im Krieg bißher sich großer Streiche angetan. Er zündete auch durch seine Beredsamkeit bey dem jungen Kauffmanns-Diener die Funcken deß Fürwizes an, daß er ihn endlich angesprochen, ob er einen guten Freund nicht auch seiner Kunst möchte teilhafftig machen? welches der verkappte Werber zwar mit Ja beantwortet, doch immer an sich gehalten, als ob er solches nicht gerne gar umsonst täte. Worauf der junge Kauffmanns-Diener in gefragt, was er dann dafür begerte? und dise Antwort empfangen: Er solte sich ihme zu einem Soldaten verschreiben, er dörffte aber erst über 20 Jar erscheinen. Dises (gedachte der Diener bey sich selbst) scheine sich noch wol tun zu lassen, sintemal diser Werber innerhalb bestimter Zeit eher tot, als noch bey Leben seyn, und er also sich wenig Gefar zu beförchten haben wurde, über das villeicht von demselben sich allweg mit Geld loßmachen könte. Ließ sich also, ohne ferneres Nachsinnen in die vorgezeigte Rolle schreiben. Zu Leistung aber deß schändlichen Versprechens von Offenbarung der verfluchten Festmacherey gab der vermumte Werber für, müsse er dem jungen Kauffmanns-Diener nur ein kleines Wündlein in den Kopf schneiden, mit dem ausgeronnenen Blut aber solte er seinen Tauff-Namen auf ein Papierlein schreiben, welches er ime in die geringe Wunden einheilen, und solcher gestalt demselben vor Schießen und Stechen eine unbetrügliche Versicherung erteilen wolle. Welches auch geschehen. Nachdem sie nun eine gute weil mit einander gezecht, und sich endlich wider zu Pferd gesezt, ritten sie miteinander biß an eine Weg-Scheide, allwo der Werber mit disen Worten Abschid genommen: Jezt finde ich dich über 20 Jar, soltest du auch gleich an der Welt Ende seyn. Woraus zwar der Diener geschlossen, daß er von disem Höllischen Werber (dann diser war es auch) hinterschlichen und betrogen sey, nam doch solches auf eine leichte Achsel, in Meinung, innerhalb so langer Zeit für seine


  1. Gedruckt zu Oetingen 1685.
Empfohlene Zitierweise:
Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia XI. Marcus, Bonn 1883, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XI_042.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)