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22 Eine Ladung ins Tal Josaphat

Im altwirtembergschen Landstädtchen Unterriexingen ereignete sich im Jare 1688 Folgendes. Es wurden dem dortigen Bürger Israel Eckstein 25 neue Pfäle aus seinem Weinberge von seinem Nebenliger[1] Henningers Jobbeck gestolen. Sein anderer Nebenliger Mathees Hoch sah dem Diebstal zu, und bezeugte die Tat. Jobbeck läugnete aber diselbe, und verwarf Hochs Zeugnis unter dem Vorwande, daß derselbe sein Feind sei. Weil der Zeuge schüchtern zurücktrat, so brachte Jobbeck es vor dem Richter soweit, daß Israel um 1 Frevel gestraft und im auferlegt wurde, seinem Diebe die Beschuldigung abzubitten.

Im hohen Grade von Erbitterung, der sich seines Gefüls wegen des leidenden Unrechts bemeisterte, forderte Israel den Jobbeck und Hoch innerhalb Mondenfrist vor dem Gerichte der Ewigkeit zu erscheinen.

Zwar achtete Henninger diser Ladung nicht und gieng one Scheue zum h. Nachtmal; allein nach 14 Tagen schon, den 13. Februar, starb Israel Eckstein, den 5. März folgte im Hoch und am Tage des Begräbnisses dises Leztgenannten legte sich auch Henninger aufs Krankenbette, beichtete noch, vom erwachten Gewissen getriben, dem Prediger des Orts M. Wolfg. Lächelin Diebstal und Meineid, schrie, daß man es eine Straße lang hören konnte, und endigte sein Leben am 9. März.

In Kausler’s Allerlei 1782. 8. ist dise in mereren Hinsichten warnende Tatsache in naiven Reimen erzält.


23 Spuksagen

a Ueber die heilige Zeit 1827/28 regten sich alle Gespenster, die scheinbar ruhig geworden waren, aufs neue und stärker. Das in Matthias Mösners Haus zu Dornhan, das sonst seit mer den 35 Jaren her nur in der Küche rumorte, besonders gerne mit Waßergelten, kam jezt in Mösners Leibdingstüble und zwar das erstemal wie folgt. Wie froh bin ich, sagte er einst zu seiner alten Gattin, daß der Kerl nur in der Küche lärmt und nicht in die Stube kommt! Sih da, im Augenblicke auch schob der Unsichtbare, wie mit starkem Handgriffe den Rigel zurück und lupfte die Schnalle. In frühern Jaren rumorte er auch im Stalle, hat da die Rosse losgebunden. Vor Mösners Zeit wonte im Hause ein Grötzinger, sein Vater war Amtspfleger und Bürgermeister, ein betrogener Kerle, dem entlief einst sein Knecht deshalb. Dem Mösner blies der Geist etlichemal das Liecht aus. Nur einmal hat er in vom Bett aus sehen können, im Zauskittel, bückte sich mermals beim Tische und tat, als ob er etwas suchte. Unter allerlei Getöse knallte es


  1. i. e. dem Besizer des nächst an dem seinigen ligenden Weinberges.
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Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia XI. Marcus, Bonn 1883, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XI_036.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)