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ihre Entstehung verdankt, sich fortsetzt in den Untugenden, die daraus bei den niederen Classen hervorgehen: knechtische Gesinnung, sagen wir offen: Bettlersinn, Habgier, falsche berechnete Freundlichkeit, welche in ihr gerades Gegentheil umschlägt, wenn sie sich in ihren Erwartungen getäuscht sieht, und die eben darum, weil sie eine Prämie verlangt, die wahre nicht aufkommen lässt, Holtzendorff bezeichnet sie treffend als Creditgeschäft. Ich freue mich, auch hier auf die Zustimmung dieses Schriftstellers Bezug nehmen zu können, welcher der Ueberzeugung ist, dass „durch das Trinkgelderwesen der Moralität der unteren Classe nicht wenig geschadet werde“.


XIV.

Ist der Gesichtspunkt, den ich hier aufgestellt habe, der richtige, so werden wir die Beseitigung des Trinkgelderwesens als eine Aufgabe der nationalen Pädagogik bezeichnen dürfen, zu der Jeder, der es mit dem Wohle des Volkes ernst meint, seine Hand bieten sollte. Unter diesem Gesichtspunkt erfasst, handelt es sich dabei nicht um das Abthun eines Uebelstandes, den lediglich die höheren Classen empfinden, sondern eines solchen, der das ganze Volk berührt.

Es ist daher nicht bloss der Egoismus, welchen ich zum Kampf in die Schranken rufe, obschon auch er allein schon volle Ursache hätte, den

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Rudolf von Jhering: Das Trinkgeld. Georg Westermann, Braunschweig 1882, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Trinkgeld.pdf/52&oldid=- (Version vom 31.7.2018)