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dass das arithmetische x mit aller Sicherheit gefunden werden kann, während dies bei dem unserigen nicht der Fall ist. Dadurch unterscheidet es sich zu seinem grossen Nachtheil vom Lohn, der eine sei es von Anfang an festbestimmte, sei es hinterher sicher zu bemessende Grösse ist. Nach dieser Seite hin theilt das Trinkgeld die Natur der Freigebigkeit: des Geschenkes oder Almosens. Aber die Freigebigkeit ist volle Freiheit, sie ist „freie Gabe“ sowohl was das Ob als das Was anbetrifft, das Trinkgeld dagegen ist halbe Freiheit: Gebundenheit in Bezug auf das Ob, ebenso wie der Lohn, nur dass die Gebundenheit nicht rechtlicher, sondern socialer Art ist, Freiheit in Bezug auf das Was.


X.

Ich fasse die sämmtlichen Ausstellungen, welche sich mir bei meiner bisherigen Kritik des geschäftlichen Trinkgeldes ergeben haben, wie zu einer Anklageacte zusammen. Es sind folgende:

1) Das Geben des Trinkgeldes bestimmt sich lediglich nach dem Zufall der persönlichen Berührung. Wo es an dieser Voraussetzung fehlt, wird es nicht entrichtet, selbst wenn die geleisteten Dienste noch so erheblicher Art sind, also – die Billigkeit einer besonderen Vergütung vorausgesetzt – einen ungleich höheren Anspruch auf

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf von Jhering: Das Trinkgeld. Georg Westermann, Braunschweig 1882, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Trinkgeld.pdf/38&oldid=- (Version vom 31.7.2018)