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das durch diese Neuerung um seine bisherigen Ansprüche auf das Trinkgeld gebrachte Dienstpersonal. Es theilte die Eigenthümlichkeit depossedirter Landesherren, seine Ansprüche nicht vergessen und sich mit der veränderten Gestalt der Dinge nicht befreunden zu können, und es sorgte gleich ihnen dafür, seine historischen Ansprüche in Erinnerung zu erhalten. Nur mit besserem Erfolg! Der Protest eines Prätendenten gleitet an der rauhen Wirklichkeit spurlos ab, da ihm die Macht fehlt, demselben Nachdruck zu verschaffen; dem Protest der Trinkgeldsprätendenten gegen die neue Einrichtung fehlte dieser Nachdruck nicht. Die Mittel, durch welche sie es seiner Zeit verstanden hatten, ihre Ansprüche auf das Trinkgeld zuerst praktisch durchzusetzen, bewährten auch bei diesem Angriff auf dieselben ihre alte Brauchbarkeit. Das Ende war, dass die Gäste sich in die Lage versetzt sahen, neben dem „Servis“, das der Wirth für sich beanspruchte, noch dem Dienstpersonal ein „Trinkgeld“ zu gewähren. Die ganze Veränderung bestand also darin, dass das Trinkgeld unter dem Namen des Servis einen neuen Schössling getrieben, „gejungt“ hatte – die Einrichtung, die dasselbe aus der Welt schaffen sollte, hatte es verdoppelt!

So waren die Interessen des Wirths und des Dienstpersonals in harmonischer Weise vereinigt, jeder von beiden Theilen hatte, was er wünschte,

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Rudolf von Jhering: Das Trinkgeld. Georg Westermann, Braunschweig 1882, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Trinkgeld.pdf/32&oldid=- (Version vom 31.7.2018)