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für seine Dienstleistung, einmal von B., der sie bereits im Gesammtlohn bezahlt, und sodann von A., der sie ihm noch besonders vergütet. Letzterem gegenüber hat er darauf nicht den mindesten Anspruch, weder dem Recht noch der Billigkeit nach. Juristisch kommt er mit ihm in gar keine Berührung; die Dienstleistung, welche er ihm gewährt, hat ihren Grund nicht in einem Contractsverhältniss zwischen ihm und dem A., sondern zwischen ihm und dem B., und selbst wenn letzterer ihm den schuldigen Lohn nicht entrichten würde, könnte er doch daraus nicht den Grund zu einem Anspruch gegen den A. ableiten. Und auch die Billigkeit steht seinem Anspruch nicht zur Seite, denn C. wird für seine Dienstleistung von B. bezahlt, der Fall ist also ein gänzlich anderer als der obige des Trinkgeldes für eine reine Gefälligkeit.

Gleichwohl hat sich hier in manchen Fällen das Trinkgeld eingebürgert und zwar nicht als blosse Gewohnheit, sondern als Sitte in dem obigen Sinne, der man sich nicht entziehen kann, obschon man sie missbilligt, sie mithin für eine schlechte Sitte, für eine Unsitte (Unfug) erklärt. Die öffentliche Meinung ist in der Verurtheilung derselben in den meisten Fällen, wo diese Art des Trinkgeldes hergebracht, so gut wie einstimmig. Wie oft muss man nicht den Ausdruck des Unmuths und der Missbilligung vernehmen über den Unfug

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Rudolf von Jhering: Das Trinkgeld. Georg Westermann, Braunschweig 1882, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Trinkgeld.pdf/16&oldid=- (Version vom 31.7.2018)