Seite:Das Tagebuch eines Irren.pdf/17

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Walther Kabel: Das Tagebuch eines Irren (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 9)

Es war gegen zehn Uhr vormittags, als plötzlich wie auf ein Zauberwort der „Kaiser Barbarossa“ seine sämtlichen Segel entfaltete und wie ein Pfeil der Hafeneinfahrt zuschoß, vor der in einer Entfernung von kaum drei Seemeilen die ägyptisch-türkische Flotte in großem Bogen lag. Dem einen der zurückgebliebenen Schoner gelang es noch, zwei Geschütze hinter dem Flüchtling abzufeuern, die aber nichts weiter ausrichteten, als daß sie die draußen ankernden Schiffe alarmierten. Der schnellsegelnde Klipper fegte nur so über die leichtbewegte See dahin und nahm tollkühn seinen Kurs gerade auf die die Mitte der Aufstellung bildende „Alexandria“ zu, da er andernfalls gegen die Ostspitze der den Golf im Süden abschließenden Insel Sphakteria hätte aufkreuzen müssen, um das offene Meer zu erreichen.

Kaum waren die beiden Kanonenschüsse im Hafen gefallen, als auch schon auf den türkischen Schiffen in wilder Hast die Anker gelichtet und Segel beigesetzt wurden – um wenige Minuten zu spät! Denn als der Klipper jetzt zwischen der „Alexandria“ und dem nächsten Linienschiff hindurchjagte, hatte man die günstige Gelegenheit längst versäumt, dem Ausreißer eine volle Breitseite zu geben. Die jetzt beginnende unregelmäßige Kanonade kostete dem „Kaiser Barbarossa“ nur ein Stück von seiner Reling.

Dafür war aber auch in die Flotte der Verbündeten durch diese Schießerei plötzlich Leben gekommen.

Der Klipper verfolgte ruhig seinen Kurs, unbekümmert um die neben ihm immer zahlreicher einschlagenden Kugeln. Eine wilde Verfolgung begann, die aber nur so lange dauerte, als der Flüchtling noch außerhalb der Geschwaderlinie der Verbündeten segelte. In demselben Augenblick, da ein leichtsinnig gezielter Schuß

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Das Tagebuch eines Irren (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 9). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1908, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Tagebuch_eines_Irren.pdf/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)