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Najade genau nach, wobei mir sowohl meine Kenntnis überseeischer Länder als auch meine Vertrautheit mit allem, was die Seefahrt angeht, sehr zu statten kam, und fand dabei zunächst einen sehr zweifelhaften Punkt: die Behauptung Deines Onkels, das Gelbfieber sei erst vierzehn Tage nach der Abreise aus dem damals verseuchten Hafen von Valparaiso an Bord ausgebrochen. – Nach allem, was man bisher über das Gelbfieber weiß, tritt diese Seuche an Bord eines Schiffes, das aus einem pestverdächtigen Hafen den Ansteckungsstoff mit auf die hohe See genommen hat, stets innerhalb 3 bis 6 Tagen auf, nie später! Deshalb müssen ja auch pestverdächtige Schiffe stets nur eine Quarantäne von höchstens zehn Tagen durchmachen, das heißt, sie und ihre Besatzung werden für diese Zeit von jedem Verkehr mit der Außenwelt abgesperrt, damit nicht der Ansteckungsstoff weiter verbreitet wird. – August Wend hatte nun angegeben, erst südlich Neu-Kaledoniens habe das Gelbfieber auf der Najade zu wüten begonnen, zwei Wochen nach dem Verlassen Valparaisos! Das stieß mir auf. – Ich prüfte dann weiter. Er hatte ferner zu Protokoll berichtet, die Eilande, an deren Klippen die Najade scheiterte, müßten zu den Inseln südlich von Java gehört oder doch ganz in der Nähe gelegen haben. – Der Dampfer müßte mithin – und dies ist Punkt 2 meiner Zweifel! – den Weg von der Ostküste Australiens bis zu den Kokos-Inseln etwa steuerlos gemacht haben. – Hier hast Du nun eine Karte der Meeresströmungen jener Gegenden. Beachte, kleiner Freund, daß diese Strömungen so verlaufen – und nur sie können ja ein führerloses Fahrzeug, abgesehen von Stürmen, die jedoch den Weg eines solchen Schiffes nur kurze Zeit beeinflussen, weite Strecken fortbringen, daß die Najade niemals nach dem Durchqueren der südaustralischen Gewässer nach Norden beziehungsweise Nordosten abgeschwenkt sein kann. Und dies wäre nötig gewesen, um in die Gegend der Kokos-Inseln zu gelangen. – Ich will Dir hier nicht noch meine weiteren Zweifel vortragen, mein Junge. Jedenfalls

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W. Belka: Das Tagebuch des Steuermanns. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Tagebuch_des_Steuermanns.pdf/29&oldid=- (Version vom 31.7.2018)