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zurückkehren, vielleicht mit einer Segeljacht, die ich chartere und deren Besatzung ich schon über meine wahren Absichten täuschen werde. Doch – all das bleibt der Zukunft überlassen.

Nicht allein das Gold der Najade macht mir das Scheiden von hier nicht ganz leicht. Auch die seltsamen Dinge, die ich hier erlebt habe und für die ich gern eine Erklärung gefunden hätte, fesseln mich an diesen felsigen, unfruchtbaren Boden der Kerguelen-Inseln, die ich jetzt nach diesem monatelangen Robinsonleben am besten von allen Menschen kennen dürfte, – am besten, und doch nicht so gut, um mir zusammenreimen zu können, was jene Vorgänge bedeuten, die ich hier miterlebt habe und die in ihrer Gesamtheit auf irgend ein Geheimnis hinweisen, daß es hier zu enträtseln gibt. Nun – wenn die Jahre, die ich daheim zubringen will, verstrichen sind, kann ich mich ja auch dieser merkwürdigen Angelegenheit wieder widmen, von der ich in diesen meinen Aufzeichnungen eingehend gesprochen habe.

30. September 1896, an Bord des Australienfahrers City of London.

Es ist gelungen! Alles verlief programmäßig. Der Dampfer, dem ich vor fünf Tagen begegnete, bringt Gefrierfleisch nach England und wird mit Maschinen und landwirtschaftlichen Geräten dann wieder die Rückreise antreten. Der Kapitän hegt keinerlei Zweifel an der Wahrheit meiner Erzählung, die in einem feierlichen Protokoll festgelegt worden ist. Ich werde hier an Bord „als armer Schiffbrüchiger“ geradezu verhätschelt.

Nein – ganz habe ich mich von meinem Golde doch nicht trennen können. Sechs Barren habe ich unbemerkt mit auf die City of London geschmuggelt. Schließlich will ich doch in der Heimat einigermaßen behaglich in diesen Jahren leben, die vergehen sollen, bis ich mir den Schatz hole.

22. Oktober. – Daheim! Manches fand ich hier doch verändert. Mein Bruder hat den größten Teil seines Vermögens bei einem Bankkrach verloren. Zu

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W. Belka: Das Tagebuch des Steuermanns. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Tagebuch_des_Steuermanns.pdf/23&oldid=- (Version vom 31.7.2018)