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der Najade gewachsen ist und dann erst – zu leben beginnen in Reichtum und Macht.

3. September. – Gestern abend habe ich die Gläschen hervorgeholt und – benutzt! Ob der Erfolg auch nicht ausbleibt?! Wenn die Bazillen nicht mehr lebensfähig sind, dann – ja, dann muß ich eben –

5. September. – Heute haben wir drei Mann dem Meere übergeben, die die plötzlich an Bord ausgebrochene Gelbfieber-Seuche dahingerafft hat. Die Bazillen wirken. Der Apotheker in Valparaiso, dem ich für die Gläschen ein nettes Sümmchen zahlen mußte, hat mich nicht betrogen.

12. September. – Ich bin jetzt Kapitän der Najade. Das große Sterben an Bord hat außer mir nur noch sechs Leute bisher verschont. Sechs! Das ist zu viel! Und mein Herr Neffe lebt auch noch.

19. September. – Die sechs haben sich um drei verringert. Leider gerade um die falschen. Ich habe mich verrechnet. Die drei Leute, die ich gern bis zuletzt als Verbündete gehabt hätte, sind westlich von Tasmania in dem großen Friedhof der Seeleute, dem Meere, beigesetzt worden. Die nunmehr noch Überlebenden, darunter auch Karl, sind unerfahrene Leute: Dieser ist noch Schiffsjunge, die beiden anderen Leichtmatrosen. Es ist mir nicht sonderlich schwer gefallen, ihnen ein glaubwürdiges Märchen aufzubinden, weshalb wir plötzlich über Sydney hinausgedampft sind und anderen Kurs genommen haben. Wir laufen jetzt mit voller Maschinenkraft parallel zur Südküste Australiens auf die Kerguelen-Inseln zu, angeblich, um in diesen kälteren Breiten die Seuche erst zum Erlöschen zu bringen.

5. Oktober. – Karl wird mir immer unbequemer. Der Junge ist mir zu „helle“. Ich fürchte, er ahnt, was ich mit der Najade vorhabe. Trotz seiner erst fünfzehn Jahre ist er geistig und körperlich nur zu gut entwickelt. Gestern machte er mir gegenüber Andeutungen, daß er sich mit Jakob Jakobsen und Georg Schulk zusammentun und mich zwingen würde, wieder Kurs auf Sydney zu nehmen, falls ich ihm

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W. Belka: Das Tagebuch des Steuermanns. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Tagebuch_des_Steuermanns.pdf/16&oldid=- (Version vom 31.7.2018)