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die eben erst sich sammelten,
um dich zu sagen,
um dich zu tragen,
alles Abgrunds Brücke –

15
Und was sie seither stammelten,

sind Stücke
deines alten Namens.


Der blasse Abelknabe spricht:

Ich bin nicht. Der Bruder hat mir was getan,
was meine Augen nicht sahn.
Er hat mir das Licht verhängt.

5
Er hat mein Gesicht verdrängt

mit seinem Gesicht.
Er ist jetzt allein.
Ich denke, er muß noch sein.
Denn ihm tut niemand, wie er mir getan.

10
Es gingen alle meine Bahn,

kommen alle vor seinen Zorn,
gehen alle an ihm verlorn.

Ich glaube, mein großer Bruder wacht
wie ein Gericht.

15
An mich hat die Nacht gedacht;

an ihn nicht.


Du Dunkelheit, aus der ich stamme,
ich liebe dich mehr als die Flamme,
welche die Welt begrenzt,
indem sie glänzt

Empfohlene Zitierweise:
Rainer Maria Rilke: Das Stundenbuch. Leipzig: Insel-Verlag. 1918, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Stundenbuch_(Rilke)_011.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)