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„Nicht ganz die Wahrheit,“ fuhr Mister Davis gelassen fort, „ich bin nämlich der Ansicht, daß dieser Kerl von einem Deutschen sich nicht nur aus Furcht und Reue aufgehängt hat, sondern auch deswegen, weil Sie ihm im Gefängnisse, das Sie eine Zelle zu nennen belieben, so zugesetzt haben, daß er sich aus Verzweiflung lieber gleich das Leben nahm. Wenn ich an Ihrer Stelle gewesen wäre, ich hätte mit dem Burschen noch etwas ganz anderes angestellt – die Haut hätte ich ihm bei lebendigem Leibe in Streifen abgeschält. Nun, lassen wir das jetzt. Sie können sich denken, daß ich nicht die beschwerliche Reise von Kimberley hierher angetreten habe, um mich mit Ihnen über englische, an einem Deutschen geübte Gerechtigkeit zu unterhalten. Andererseits betrifft die Angelegenheit, die mich hierherführt, wiederum gerade einen Deutschen, und zwar ist sie von größerer Wichtigkeit als die soeben erzählte. Sie haben doch gewiß schon von dem jungen, deutschen Ingenieur gehört, der auf einer ganz wunderbaren, mechanischen Erfindung, einer Art von stählernem Pferde einen Ritt quer durch Afrika macht?“

Erstaunt verneinte Mister Litton und entschuldigte dann seine Unkenntnis mit der großen Abgelegenheit von Kolobeny, das noch nicht einmal mit einer Eisenbahnlinie verbunden war.

„Schon vor einem Vierteljahre,“ erklärte der Direktor weiter, „tauchte in den Zeitungen das Gerücht auf, daß ein deutscher Ingenieur eine ganz wunderbare Erfindung gemacht habe, um entweder Elektrizität oder auch eine andere Kraft zu erzeugen. Alles, was man darüber hörte, klang so unwahrscheinlich, daß man zunächst glaubte, es hier lediglich mit der Phantasie eines Zeitungsschreibers zu thun zu haben. Nun aber bestätigt sich das Gerücht als Thatsache. Der Betreffende ist noch ein Knabe, und ob er nun die Entdeckung selbst gemacht, oder sie vielleicht als Erbschaft von seinem Vater oder von sonst jemandem überkommen hat, er besitzt zweifellos das Geheimnis, eine bisher ganz unbekannte Kraft scheinbar aus nichts zu entwickeln und sie dann zu verwerten.

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Robert Kraft: Das Stahlroß. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Stahlro%C3%9F.pdf/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)