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W. K. Abel: Das Neueste über die Marskanäle. In: Bibliothek für Alle, 4. Jahrgang, 1. Bd., S. 105–110

daß es auf ihm Land, Gebirge und weite Wasserflächen gibt. Bereits im Jahre 1636 wurde z. B. von dem Astronomen Fontana die erste Zeichnung der Marsoberfläche ausgeführt. Aber die Geheimnisse unseres Nachbarplaneten noch weiter zu entschleiern, blieb einer Zeit vorbehalten, in der die Technik endlich Fernrohre von geradezu ungeheuren Abmessungen und größter Schärfe herzustellen verstand. Der italienische Astronom Schiaparelli war es, der dann mit Hilfe dieser Riesenfernrohre die Marsforschung in ein neues Stadium übergelenkt hat. – Nach seiner Ansicht bestehen die dunkleren Flächen auf der Marsoberfläche aus Wasseransammlungen, die das Sonnenlicht weniger stark zurückwerfen, als die helleren Landmassen. Hiervon ausgehend, stellte Schiaparelli seine stets wieder nach den neuesten Beobachtungen korrigierte Marskarte her, die man heute in allen besseren Schulatlanten findet. Nach dieser Karte liegt der Nordpol des so überaus interessanten Planeten inmitten eines ungeheuren Festlandgebietes, das fast dreiviertel der uns sichtbaren Oberfläche einnimmt, allerdings auch von weiten Meeresbuchten durchschnitten wird, während die Südpolarkappe von Wasser völlig umgeben ist. Schiaparelli war es auch, der die feinen, dunkelfarbigen Streifen, von denen dieses Festland wie von einem weitverzweigten Netz bedeckt ist, zuerst für Kanäle ansprach. Diese Marskanäle haben eine Breite von 30 bis 300 Kilometer und münden stets in eine Meeresbucht. Die Annahme, daß es sich hier wirklich um Kanäle handelt, wurde scheinbar auch durch die Beobachtungen beim Schmelzen der Eismassen am Mars-Nordpol während der Sommermonate bestätigt. Die Kanäle werden alsdann angeblich viel dunkler und nehmen beträchtlich an Breite zu, so daß das ganze Festland in eine Anzahl von Inseln zerlegt zu sein scheint, und dieser Zustand hört erst auf, wenn die Schneeschmelze und der Sommer zu Ende sind. Dann erst nimmt das Festland sein altes Aussehen wieder an. Im Jahre 1882 bemerkte nun Schiaparelli zuerst eine Verdoppelung der Kanäle, die vorzugsweise in den Monaten kurz vor oder kurz nach der vom Nordpol ausgehenden Überschwemmung

Empfohlene Zitierweise:
W. K. Abel: Das Neueste über die Marskanäle. In: Bibliothek für Alle, 4. Jahrgang, 1. Bd., S. 105–110. Verlag der Bibliothek für Alle, Dresden 1912, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Neueste_%C3%BCber_die_Marskan%C3%A4le.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)