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Bei den Externsteinen.

He, Schwager! Halt! Was tanzt denn dorten
Vor jenen grauen Felsenpforten,
In dieser Vollmondsmitternacht?
„O Herr, steigt aus! Das ist der Teufel.“

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Der Teufel? Narr! „Es in kein Zweifel;

Er feiert die Walpurgisnacht.
Und die dort tanzen, das sind Hexen;
Ihr seht es an den Feuerklecksen
Dort durch der Pforte dunklen Schacht.“

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Ja Ihr habt Recht. Man kann erkennen,

Wie sie sich mit den Hörnern rennen;
Sogar die Besen seh ich schier.
Da hält es mich nicht länger hier!
Das muß ich aus der Nähe sehen;

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Ihr bleibt indeß so lang hier stehen.

„Um Alles nicht! Laßt Euch erzählen,
Wie vielen armen Menschenseelen
Der Teufel hier den Hals verdreht.“
Nun gut, mein Freund; wenn Ihr versteht,

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Mit lust’ger Mähr mich zu ergötzen,

Will ich Euch gut den Gaumen letzen.
„Viel Dank! Um Eins. Dann flieht die Bande
Zurück zu ihrem Höllenlande. –
So höret denn: Ihr seht, wie mächtig,

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Wie wunderbar und zauberprächtig

Dies Felsenthor zum Himmel ragt.
Ihr wißt auch, wie vor grauen Zeiten
Der Herr aus seinen Herrlichkeiten
Den bösen Engel hat verjagt.

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Nichts ließ er diesem Ungeheuer,

Als nur die Steine und das Feuer;
Mit diesen sucht er nun auf Erden
Der Menschen wieder Herr zu werden. –

So trieb er aus der Erde Grund

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Durch seinen heißen Feuermund

Und mit der Hülfe seiner Zwerge
Die Felsen hier vor diese Berge.
Er wußte, daß seit Adam’s Falle,
Wir armen Menschenkinder alle

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Uns an dem Neuen gern erfreuen:

Weiß nur der Teufel zu zerstreuen,
So hat er uns schon in der Kralle!

So kamen denn von nah und fern
Mit Weib und Kind viel edle Herr’n

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Zu diesem Bau herangewallt.

Der Böse, bald als lust’ger Wirth,
Auch wohl als alter, frommer Hirt,
Bald gar in schöner Weibsgestalt,
Umstrickt und fesselt Alle bald.

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Es tönt die Flur, es klingt der Wald

Von Saus und Braus, von tollen Festen;
Und von den Frommsten und den Besten
War bald nichts mehr als dies zu sagen:
Es hat der Teufel sie beim Kragen!

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Jedoch dem Frevel folgt die Rache.

Ein Mönch, den die gerechte Sache
Zu diesen Satansfesten trieb,
Schlug jahrelang mit wucht’gem Hieb
Ein Bild in diese Felsen ein –

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Ihr seht es dort im Mondenschein.

Das war vor fast achthundert Jahren.
Nicht Müh’ und Arbeit that er sparen,
Auch zwei Kapellchen einzuhauen.
Dort rechts könnt Ihr das eine schauen;

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Das andere dort auf der Spitze

Erkor er sich zu seinem Sitze.
Kaum hatte Satan darauf Acht;
Er hat des Mönches nur gelacht,
Und keck gemeint, den Stein zu zwingen,

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Wird einem Mönche nie gelingen. –

Doch plötzlich hob ein Kreuz sich sacht!
Und wie von einem hellen Schilde,
Erstrahlte aus dem hehren Bilde,
Das Antlitz dessen, der sein Leben

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Zur Lösung unsrer Schuld gegeben. –


Ihr könnt Euch das Entsetzen denken,
Das in die Höllenbande fuhr!
Der Teufel stürzte wie ein Ur
Sich auf den Stein, um ihn zu senken;

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Er stemmte d’ran sich von der Seite,

Mit Höllenbrodem in der Breite,
Mit Schwefelqualm ihn überdampfend,
Und wild mit seinem Hufe stampfend.
Doch Alles nichts! Der Mönch dort oben

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Beschützt ihn durch des Kreuzes Macht. –

„Der Meister soll den Teufel loben!“
Schreit Satanas; und aus der Erde
Reißt er mit gräulicher Geberde
Ein Felsenstück – schon fliegt’s nach oben –

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Die Erde bebt, der Felsen kracht –
Empfohlene Zitierweise:
: Das Hermanns-Denkmal und der Teutoburger Wald. Meyer, Detmold 1875, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Hermanns-Denkmal_und_der_Teutoburger_Wald.pdf/44&oldid=- (Version vom 31.7.2018)