Da griff der Meister still zum Wanderstabe
Für lange Zeit – vielleicht für immer – schloß
Er seine Thür und zog mit leichter Habe
Der Ferne zu, daß er in seiner Esse
Die trübe Zeit und seinen Gram vergesse.
Das Wort, auf Hermanns Schwert in Erz getrieben,
Stand tief in seiner Seele eingeschrieben,
Und fertig ward am Ambos Stück für Stück
Des Riesenbilds, trotz Mühsal und Beschwerden.
Ein Echo ihm: „Es muß ja Frühling werden!“
Und Frühling ward’s; – ein Herz, ein Haupt, ein Reich
Vereinten sich die langgetrennten Glieder;
Des Friedens Oelzweig und das Schwert zugleich
Der langverwaisten Heerde Hirt und Hort,
Auf ein geeintes Vaterland hernieder.
Wie Hermanns Wahlspruch war sein Losungswort,
Das mächt’ge: „Deutschlands Einheit meine Stärke!“
Des Frühlings Weckeruf wie Lerchensang
Und leitet’ ihn zu dem verlaßnen Werke,
Zu dem verlaßnen Bretterhaus am Teut.
Wohl hat den mächt’gen Thurm mit grauem Moose,
Dem alten Meister Haar und Bart bestreut:
Doch jung noch war der Geist, der ruhelose,
Und spröd und stark wie seines Bildes Erz,
Gestählt vom Leben, waren Hand und Herz.
Der dürre Sproß, er ward zum mächtgen Baum;
Nun, Meister, nimm das Schutzfell von den Lenden,
Denn hehr erfüllt hat sich dein Jugendtraum!
Der Hammer ruht, die Werkstatt ist geschlossen;
Hört vor der Thüre seinen Waldgenossen:
Dem Windesrauschen und der Drossel zu.
Singt ihm, wenn er dereinst in spätrer Zeit
Zu seiner Waldesheimath lenkt die Schritte,
Von seinem Ruhm, von Deutschlands Herrlichkeit,
Wie heut an seiner waldumkränzten Hütte.
L. Altenbernd.
: Das Hermanns-Denkmal und der Teutoburger Wald. Meyer, Detmold 1875, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Hermanns-Denkmal_und_der_Teutoburger_Wald.pdf/16&oldid=- (Version vom 31.7.2018)