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Herrn Geist unten in der Najade eingesperrt. Heraus kann er nicht, wenigstens nicht auf eine Weise, die mir verborgen bliebe. Er hat sich dann auch bisher nicht wieder gemeldet. Ich schlafe wieder ruhiger, obwohl es kein angenehmes Gefühl ist, zu wissen, daß unter einem in dem großen Schiffe ein Fremder sein Wesen treibt. Niemals höre ich in den Räumen unten auch nur das geringste Geräusch, das auf die Anwesenheit eines Menschen schließen läßt. Nur die Ratten, diese lästigen Nager, sind sehr lebendig, dringen sogar schon in meine Kajüte ein.

Übrigens wird es jetzt hier auf Kerguelenland etwas weniger ungemütlich. Man merkt, daß dieser Archipel bereits durch die Nähe der Südpolargebiete in seinen klimatischen Verhältnissen stark beeinflußt wird. Die täglichen Nebel verlieren sich jetzt schneller. Die Abhänge der beiden höchsten Berge der Hauptinsel sind unterhalb der Gletschergrenze nur noch mit wenig Schnee bedeckt. Nachts friert es noch regelmäßig. Aber tagsüber zeigt das Thermometer 3-5 Grad Wärme. Der Sommer steht also vor der Tür. Dann kommen die langen Tage, denn von Oktober bis März geht die Sonne hier kaum unter, und die Nächte sind erfüllt von einem bleigrauen, seltsamen Zwielicht.

Ich muß jetzt so häufig an die drei auf der Heard-Insel denken. Ob sie noch leben mögen? – Es war doch eine Dummheit von mir, sie dort auszusetzen. Etwas Halbes war’s! Ich hätte sie ganz unschädlich machen sollen! Das kommt davon, wenn man sich einmal von sogenannten weicheren Gefühlen leiten läßt! Nun muß ich in dauernder Angst schweben, ein Schiff könnte zufällig die Heard-Insel anlaufen, die drei Leute finden und dann – mir hier einen Besuch abstatten! Wahrscheinlich ist diese Sorge ja überflüssig. Ich glaube fast, es sind nur meine etwas überreizten Nerven (daran ist der Unbekannte schuld), die mir jetzt alle möglichen ungünstigen Ereignisse vorgaukeln.




Empfohlene Zitierweise:
W. Belka: Das Gold der Najade. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Gold_der_Najade.pdf/19&oldid=- (Version vom 31.7.2018)