Seite:Das Geheimnis der Kabine 24.pdf/54

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„Eine Steinlawine!“ brüllte Harald. Und noch nie habe ich aus seiner Stimme ein solches Entsetzen herausgehört wie damals.

Er packte meinen Arm, riß mich mit sich, keuchte.

„Schnell – schnell. Da, zehn Schritt zurück. Die Felsspalte. Die einzige Rettung –“

Die ersten Steine sausten an uns vorüber – die Vorläufer der eigentlichen Lawine.

Sie kamen herab wie Kanonenkugeln, schlugen auf das Geröll auf, prallten ab, zerbarsten zum Teil.

Steinsplitter drangen mir in die Hand, die die Laterne hielt.

Und Harald riß mich weiter, riß mich zu Boden. Meine Laterne ging in Scherben.

Da war eine meterbreite Spalte, die sich schräg nach abwärts zog – mit zackigen Wänden.

Harst drängte mich hinein.

„Hinab – hinab, – so tief Du kannst!“

Wie ich damals dort hinabgeklettert bin, – ich weiß es nicht! Ich weiß nur so viel, daß Harst mir plötzlich ins Genick fiel, daß wir beide ein Stück abwärtsrutschten, uns die Gesichter blutig rissen an den Zacken und Vorsprüngen.

Und über uns raste nun wie ein Heer wilder Teufel die Steinlawine dem Gletscherbache zu – hüpfend, polternd, sausend, pfeifend – ein ohrenbetäubender Lärm. –

Nur wenige Steine fielen in die Spalte hinein, da ein paar riesige Blöcke diese oben sofort fast ganz verrammelt hatten.

Dann Stille – eine fast unheimliche Stille.

Harald hatte seine Laterne längst ausgelöscht, flüsterte nun, indem er tief Atem holte:

„Das war einmal ein Attentat besonderer Art, mein Alter! Die Schurken waren also auf alles vorbereitet, wußten, daß wir in Odda waren, wußten es, bevor noch Raupach-Ruperti uns im Speisesaale sah –“

„Der Rechtsanwalt Granjelm?“ fragte ich atemlos.

„Ja, natürlich! Granjelm muß schon in Christiania uns beobachtet haben. Als wir nach Skien fuhren, wählte er den Weg über Bergen nach Odda, den er in zwei Tagen

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Das Geheimnis der Kabine 24. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Geheimnis_der_Kabine_24.pdf/54&oldid=- (Version vom 30.6.2018)