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der Frau Lotte Ruperti widerlegt. Er hatte sich hierzu jetzt noch nicht äußern können[1]. Ich war gespannt, wie er nun über den Fall dachte. –

Endlich begann dann der Morgen zu grauen – endlich! Allmählich wich die Dunkelheit in dem großen Zimmer. Ich sah, daß die Fenster geschlossen und die gelben Sonnenvorhänge zugezogen waren, sah weiter, daß Haralds Bett dem meinen gegenüber an der anderen Querwand stand.

Wir konnten uns jetzt anblicken. Harst bewegte wie grüßend den Kopf.

Ich – ich war bereits zu schwach dazu. Meine Arm- und Fußgelenke schmerzten derart, daß ich dauernd gegen Ohnmachtsanfälle ankämpfte.

Und – was half es uns, daß es nun Tag wurde?! Unsere Fesseln waren so geschickt angelegt, daß wir uns unmöglich selbst befreien konnten. Ja – wenn wir noch hätten rufen können! Aber auch das war ja ausgeschlossen.

Und wieder schlichen die Minuten hin. Mit umflortem Blick sah ich die Sonne unsere Kerkerfenster bescheinen. Es mußte also mindestens neun Uhr vormittags sein.

Eine träge Frage wurde immer wieder in meinem Hirn lebendig: Was sollte werden, wenn es uns nicht gelang, uns zu befreien?! Noch ein paar Stunden und wir waren so erschöpft, daß wir uns nicht mehr bewegen konnten!

Was sollte werden?! – Da – ein Gedanke, eine geringe Hoffnung: unsere Stiefel standen ja auf der Treppe! Doktor Olavsen würde unser Verschwinden der Polizei melden, und der eifrige und tüchtige Wachtmeister Bließke würde nichts unversucht lassen, uns zu finden.

Aber – auch dieser winzige Hoffnungsschimmer erlosch ebenso schnell wieder.

Wie sollte Bließke auch nur auf die Vermutung kommen, daß wir –

Da – mein Gedankenfaden riß jäh entzwei. – Harst begann wieder zu telegraphieren:

„Mut – eine Rettungsfahne draußen am Fenster!“

Das war’s, was ich mir Buchstabe für Buchstabe zusammenstellte.

Rettungsfahne?! Was sollte das?! Und – draußen


  1. Vorlage: könne
Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Das Geheimnis der Kabine 24. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Geheimnis_der_Kabine_24.pdf/16&oldid=- (Version vom 30.6.2018)