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Das Ausland. 1,2.1828

(2½ Pf.) zu drei Piastern: so daß man die Wahl hatte, entweder kein Fleisch zu essen, oder sich den von im beliebten Preis gefallen zu lassen. Natürlich machte er dabei einen ungeheuren Gewinn.

Noch von einer schändlicheren Seite zeigte sich des Pascha’s schmutziger Charakter bei einer andern Gelegenheit. Während meines Aufenthalts in Modon starb Mehemed-Ali-Aga, der Oheim Ibrahim’s, einer der ersten Befehlshaber in der Armee. Dieser hatte in seinem Harem achtzehn Frauen, seinen Antheil an der missolonghischen Beute, und etwa ein Dutzend griechische Knaben, von einem Alter von zehn bis fünfzehn Jahren, welche ihm als Pagen dienten.

Während seiner letzten Krankheit besorgte ihn ein junger englischer Arzt, ein eben so talentvoller als edler Mann. Mit Lord Byron nach Missolonghi gekommen, hatte er den erlauchten Dichter überlebt und war bei der Einnahme dieser Stadt in die Hände der Ungläubigen gefallen, die ihm unter der Bedingung, daß er in die Dienste Ibrahims träte, das Leben schenkten. Er stand als Arzt in großer Achtung und Gunst, und seine Lage war soweit nicht unangenehm; dem ungeachtet aber konnte er nicht vergessen, daß er einst einer bessern Sache gedient hatte, der auch jetzt noch nützlich zu seyn, er für seine Pflicht hielt.

Als er sah, daß Mehemed-Ali-Aga’s Tage gezählt seyen, fragte er ihn, „was aus seinen Gefangenen werden solle? Geben Sie ihnen die Freiheit, setzte er hinzu, Sie thun damit ein Gott wohlgefälliges Werk.“ Der Kranke willigt ein, gibt seinem Neffen Ibrahim davon Nachricht und stirbt in einigen Stunden. Ibrahim hatte nichts eiligeres zu thun, als die Erbschaft seines Verwandten in Beschlag zu nehmen, die griechischen Frauen und Kinder auf den Markt zu führen und zu verkaufen.

An diesen Beispielen seiner Habgier mag man genug haben; an Beispielen seiner Wildheit fehlt es auch nicht.

Es war bei der Belagerung Navarin’s, daß sich einmal Ibrahim den Wällen der Festung so weit näherte, daß die Kugeln neben ihm niederschlugen. „Prinz, sagte einer der Offiziere, die ihn begleiteten, Eure Hoheit ist hier nicht sicher; die Feinde schießen auf Sie.“ „Du bist ein Feiger, erwiederte der Pascha, stirb!“ und mit einem Hieb spaltete er ihm den Schedel.

Ibrahim war in Modon eingerückt und hatte den Griechen, die sich ihm unterwarfen, nicht nur das Leben geschenkt, sondern selbst seinen Schutz zugesagt. Da fand er aber, daß sie noch zu viele Häuser inne hätten und nun, um seinen Negern Wohnungen zu verschaffen, läßt der ehrlose Verräther in einer Nacht und in einer Stunde die ganze christliche Einwohnerschaft erwürgen; die Frauen allein hatten den Schmerz, sich und ihre Kinder für die Sclaverei gerettet zu sehen.

Ein griechischer Gefangener wurde vor Ibrahim geführt. „Wo sind deine Brüder?“, fragte man ihn. „Ich werde nie meinen Eid brechen, und sie verrathen.“ „Du bist des Todes, donnert Ibrahim, wenn du mir nicht gehorchst.“ Dieselbe Antwort. Da legt der Pascha seine Pfeife weg, erhebt sich wüthend von seinem Polster, speyt jenem in’s Gesicht, nimmt einen Karabiner von der Wand und schießt ihn nieder.

Fünf oder sechs Tage nachher wurde ein anderer Gefangener vor den egyptischen Wütherisch gebracht; es war ein armer Hirte. Juha! Juha! Juha![1] ruft der humoristische Pascha, worauf er ihn mit tausend scheußlichen Verwünschungen überhäuft und ihm zuletzt befiehlt, sich auf die Kniee zu werfen, und den Kopf zu beugen. Seines Todes gewiß gehorcht der Hirte. „Ziehe deinen Säbel, – sagte Ibraim zu einem arabischen Buben von sechs Jahren, den er sehr lieb hatte, – und hau’ dem ungläubigen Hund hier den Kopf ab; du sollst mir ihn herbringen.“ Das Kind machte sich nun einen Spaß daraus, dem Unglücklichen das Gesicht zu zerfetzen, nach den Augen zu stechen, ein Ohr wegzuhauen, aber mehrere Versuche, ihm den Kopf abzuschlagen, wollten nicht gelingen. Einige französische Offiziere, die der Scene beiwohnten, erhielten endlich die Begnadigung des Gefangenen, der indeß ein paar Stunden darauf an seinen Wunden starb.

(Fortsetzung folgt.)

Deutschlands Handel mit Amerika.


(Schluß.)

Da jetzt die Zeiten ruhiger sind, so beschränkt sich der Verkehr jener Freikäufer auf den Handel mit frischen Negern (negros brutos), auf das Wegstehlen einzelner Neger und Mulatten (Kidnapping), welche sie auf andern Inseln und Küsten wieder verkaufen, auf geheimes Holzfällen, vornehmlich an der Küste der Honduras- und Campeche-Bay, auf Schleichhandel zum Trotz der Zollgesetze. Noch immer verderben sie fast allenthalben dem ordentlichen Handel den Markt. Sie versorgen sich z. B. durch Austausch dessen, was ihnen größtentheils auf unerlaubtem Wege zu Theil geworden, selbst in den größern Handelsplätzen, namentlich auf St. Thomas, mit europäischen Bedürfnissen jeder Art; sie wissen genau, was jede Gegend am liebsten hat, so wie den eigenthümlichen Charakter der Nationen, und sind namentlich bei den Indianern gerne gesehen; sie sind aller Sprachen und Bräuche kundig, und wissen daher allenthalben anzukommen. Sie sind darauf eingerichtet, mit dem kleinsten Gewinn fürlieb zu nehmen, und können alles gebrauchen und benutzen. So wird z. B. ein sehr bedeutender Verkehr mit den Cunna-Indianern an den Küsten zwischen St. Marta und Cartagena getrieben; die Schleichhändler vertauschen dort Eisenwaren, Messer, Scheeren, Machettas, Schießpulver, bunte Zeuge, gegen Goldstaub; die Cunnas setzen jene Waaren wieder an die Weißen ab; daher war dort dergleichen, wenigstens im Jahre 1824, gar nicht an den Mann zu bringen. Kommt ein auf gewöhnliche Weise spedirtes Schiff aus Hamburg etc. nach Omoa oder Truxillo an der östlichen Küste von Central-Amerika (Guatimala), so wissen die einfältigen Behörden gar nicht, was sie damit anstellen sollen und machen blos aus Unerfahrenheit Weitläufigkeiten, besonders wenn Capitän

  1. Das Feldgeschrei der Griechen, mit welchem sie gewöhnlich angreifen.
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 354. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_368.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)