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Das Ausland. 1,2.1828

daß es aber noch auf den Historiker wartet, der alle diese Materialien mit lebendigem Geist und innerer Schönheit zu einem organischen Ganzen verbinden soll. Bossi schrieb später eine „Geschichte des alten und neuen Spaniens in 8 Bänden,“ über die dasselbe Urtheil, wie über das vorige Werk, zu fällen ist. –

Sardinien, Venedig, Genua, Pisa, Brescia, Trient, Pavia und viele andere Städte und Provinzen fanden in diesen letzten Jahren ihre besondern Geschichtschreiber: kurz ganz Italien ist voll von Gelehrten, die sich bemühen, ihre Landsleute mit der Geschichte ihres Vaterlandes bekannt zu machen.

Rampoldi hat in 12 starken Bänden „die Annalen der Muselmänner“ geschrieben. Das Werk ist in Text und Noten abgetheilt. Der Text ist nicht mehr als eine Chronik; die Noten sind voll von Gelehrsamkeit, die in der Hand eines beredteren und gewandteren Schriftstellers dem Buche eine größere Bedeutung zu geben vermocht hätte. Wir wissen nicht, ob Italien die Arbeit Rampoldi’s nach Verdienst schätzt, wir haben sogar manche Gründe, das Gegentheil zu glauben; doch wagen wir die Behauptung, daß diese Annalen ein mehr als gewöhnliches Verdienst haben, und daß vielleicht keine andere Nation eine so in’s einzelne gehende und aus den Quellen geschöpfte Bearbeitung dieses Gegenstandes hat (?) Der Verfasser hat lange an den Orten gelebt, die er beschreibt, und jede Seite seiner Noten widerlegt mit unwiderleglicher Wahrheit die absurden Ansichten, die eine Menge von Schriftstellern über die Gesetze und Gebräuche jener Länder verbreitet haben.

Unter allen geschichtlichen Werken aber, deren sich die neueste italienische Literatur zu rühmen hat, nimmt das Werk des Grafen Pompeo Litta: „Die berühmten Familien Italiens“ den ersten Platz ein. Die Herausgabe dieses Werkes geht langsam von Statten, weil es dem Herausgeber sehr große Kosten verursacht, und die Zahl der Theilnehmer verhältnißmäßig gering ist, so daß diese Zögerung keineswegs dem Verfasser, sondern vornehmlich jenem Stande zur Last fällt mit dessen Geschichte und dessen früherem Ruhme das Werk sich beschäftigt. Der Verfasser ist ein tiefer Kenner der italienischen Geschichte, und besitzt viel philosophischen Geist, und einen freien unparteiischen Sinn; sein Stil hat jene Originalität, die man in jedem frei gedachten Werke findet. – Jede Nation dürfte stolz darauf seyn, ein solches Werk zu besitzen; und gewiß werden die Ausländer dem Verfasser den Beifall zollen, den er bis jetzt in Italien noch nicht gefunden hat, wo manche Abkömmlinge jener Familien sich geweigert haben sollen, die Unternehmung durch Subscription zu unterstützen, weil der Verfasser unparteiisch genug war, im unbestochenen Geiste der richtenden Geschichte auch die Laster ihrer Vorfahren so wenig zu verschweigen als ihre Verdienste.

Gleich würdig eines ehrenvollen Rufs sind: „Die Feldzüge und Belagerungen der Italiener in Spanien,“ von Vacani. Sie sind das schönste Denkmal des neuern Kriegsruhms Italiens. Da ihm von den vielen Kriegen, zu denen es unter Napoleons Herrschaft genöthigt war, kein Gewinn übrig bleiben sollte, so war es in der That ein einer patriotischen Seele würdiges Unternehmen, wenigstens das Andenken des vergossenen Blutes zu verewigen, und der Nachwelt zu sagen, daß, wenn auch damals die Nation von denen mit Verachtung behandelt war, die sie hätten heben sollen, ihre Soldaten doch unter die tapfersten Europa’s gezählt wurden.

Endlich sah Italien in den letzten Jahren ein sehr umfassendes Werk entstehen, das wohl einzig in seiner Art ist, unter dem Titel: „Sitten und Gebräuche alter und neuer Zeit“ (il costume antico e moderno), von Giulio Ferrario, unter Mitwirkung vieler mailändischer Gelehrten, in italienischer und französischer Sprache herausgegeben. Doch hat die Ausführung den großen Versprechungen des Herausgebers nicht entsprochen, und der Theil, der die Kleidungen betrifft, scheint der einzige zu seyn, auf den man sich mit einiger Sicherheit verlassen kann. Namentlich sind in dem, was sich auf die Gesetzgebung bezieht, viele Mängel und Irrthümer, und man sieht der ganzen Arbeit an, daß dabei mehr Gewinnsucht als gründliches Studium die Feder führte.



Aus Schweden.

Capitain, Ritter M. G. Ankarswaerd hat den verdienstvollen Entschluß gefaßt, die Beschreibung aller in Schweden befindlichen Ruinen, die irgend merkwürdig sind, zugleich mit litographirten Abbildungen derselben herauszugeben. Das erste Heft derselben enthält vier Ruinen der Stadt Wisby und befindet sich schon im Buchhandel; ihm folgen Ende Juli drei andere Hefte nach. Nächst den Denkmälern des Alterthums von Wisby werden die von Sigtuna beschrieben werden. Jedes Heft kostet 2 Rthl. 16 Gr. Bco.


Den 19. Januar stieg die Kälte in Gefle (60° 39’ 15" N. Br.) und Fahlun (60° 35’ 15" N. Br.) auf 34 Grad Reaumur, aber hielt nicht länger als 12 Stunden an.

Zu Röraas, Bergstadt in Norwegen am Glommen, 8936 Fuß über der Meeresfläche des atlantischen Oceans gelegen, herrschte am 18. Januar eine Kälte von 32 Grad, den 20. trat als auffallender Contrast Platzregen ein.


Die Anzahl der im Herbsttrimester auf der Universität Upsala Studierenden belief sich auf 1520, von denen 7 Ausländer. Unter ihnen befanden sich 141 Adlige, 358 Predigersöhne, 229 Bauersöhne, 264 Söhne nicht-adliger Civil-Beamten, 68 Söhne nicht-adliger Militairs, und 199 Bürger- und Handwerkersöhne. Von diesen studirten 357 Theologie, 356 Rechtswissenschaft, 82 Arzneikunde, 403 Philosophie, und 322 hatten sich noch nicht für ein betimmtes vitae genus entschieden.


In einigen Districten Nordlands scheint die unter dem Namen „Lasara“ bekannte Religionssecte, welche sich den Swedenborgianern nähert, wieder ihre fanatische Lehre zu verbreiten. Es ist dieselbe, die den Untergang der Welt auf Weihnachten 1827 angesetzt hatte.


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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 316. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_330.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)