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Das Ausland. 1,2.1828

haben, giebt eine Sr. Majestät dem Könige der Niederlande bereits im Jahre 1826 vorgelegte, aber seitdem noch nicht in den Druck gekommene Denkschrift die interessantesten Aufschlüsse. Der Verfasser ist der unsern Lesern durch sein Werk: Brieven over Bencoolen etc. bekannt gewordene Oberst Nahuijs, der sich seit dem Aug. des vorigen Jahrs wieder als Resident an dem Hofe von Soeracarta und als außerordentlicher Bevollmächtigter bei dem Hofe von Djocjocarta auf Java befindet. Wir theilen nach einem kurzen historischen Ueberblick, diese Denkschrift, so wie wir sie in genauer Abschrift erhalten haben, unten in getreuer Uebersetzung mit.

Die niederländischen Besitzungen im Orient, wie sie nach dem Vertrage vom 13 Aug. 1814 von der brittischen Regierung an das Königreich der Niederlande zurück gegeben wurden, bestehen aus den Inseln Java, Amboina, Banda und Ternate mit den dazu gehörigen Inselgruppen nebst den Niederlassungen auf Sumatra, Malakka, Borneo, Celebes, Timor, Flores, Sumbawa, Baly und andern Eilanden. Von allen diesen Besitzungen, deren Gesammtbevölkerung auf ungefähr acht Millionen Seelen geschätzt wird, ist Java, das allein gegen fünf Millionen Einwohner zählt, (also nicht viel weniger, als das ganze europäische Mutterland,) bei weitem die wichtigste. Gelegen zwischen dem 6 und 7 Grad S. Br. und dem 105 und 115 Grad O. L. (von Greenwich) hat diese Insel von W. nach O. eine Länge von 250 holl. Stunden bei einer Breite von nicht mehr als dreißig bis fünf und vierzig Stunden. Eine seltsam zerklüftete und zerrissene Bergkette, voll von Spuren des innern Feuers, das zwar seit dem Jahre 1752 zu keinem Ausbruche mehr gekommen ist, jedoch noch jetzt zuweilen durch den aufsteigenden Rauch sich verräth, durchschneidet die Insel in ihrer ganzen Länge. Die Gegenden im Norden dieser Kette sind weniger gebirgig, als die im Süden derselben. Während hier die Küste größtentheils völlig unzugänglich ist, indem der Strand des Meeres überall aus hohen und steilen Klippen besteht, breiten sich dort am Meeresufer große fruchtbare Niederungen und Ebenen aus, die von vielen Flüssen durchströmt sind, und sich weit in das Innere hineinziehen. Dieser Theil der Insel ist daher natürlich der am meisten bevölkerte, und auf ihn sind alle europäische Niederlassungen stets beschränkt gewesen.[1]

Hier liegt Batavia, die Hauptstadt des niederländischen Indiens, zu der bereits im Jahr 1611 – fünfzehn Jahre nachdem die erste Expedition nach diesen Gegenden aus dem Texel ausgelaufen war – der erste General-Gouverneur Peter Both den Grund legte. Ein elendes Fort, mit Erlaubniß des kurzsichtigen Fürsten von Jacatra, in der Nähe seiner Hauptstadt angelegt, war damals alles, was die Holländer auf Java besaßen; aber sieben Jahre später hatte ein Anschlag die Fremden zu vertreiben, nur die Befestigung ihrer Macht, den Umsturz des Reiches Jacatra, die Zerstörung seiner Hauptstadt und die Gründung von dem heutigen Batavia an der Stelle derselben zur Folge. Zehn Jahre lang blieb der Friedenszustand der neuen schnell aufblühenden Colonie ungestört; in den Jahren 1628 und 1629 erneuerte der Sultan von Mataram, der sich durch Kriege mit den eingebornen Fürsten des ganzen westlichen Theiles der Insel bemächtigt hatte, den Versuch, die Holländer von derselben zu vertreiben; zweimal belagerte er Batavia mit Heeren von mehr als 100,000 Mann, ohne indessen gegen die unvollendeten Festungswerke dieser Stadt, die durch eine Handvoll Europäer, Japaner und Chinesen vertheidigt wurden, etwas auszurichten.

Seitdem blieben die Holländer in einem Zeitraum von beinahe fünfzig Jahren, von 1619 bis 1675, unangefochten im Besitz von Batavia und dem alten Königreiche Jacatra, das im W. an das Reich Bantam, im O. an das von Cheribon, und im N. und S. an die See grenzt, eine Ausdehnung von ungefähr 35 St. in der Länge, 30 in der Breite hat, und gegenwärtig in zwei Regentschaft (Regentschappen) getheilt ist, die Preanger Regentschaft (im Jahr 1796) mit 206,494, und die sogenannten Ommelanden (Umlande) von Batavia mit 144,026 Einwohner. Ihrerseits scheinen die Holländer in der angegebenen Periode keine Versuche zur Erweiterung ihrer Herrschaft gemacht, sondern sich mit den Vortheilen, die ihnen aus dem freien Handel mit den Producten so reicher und fruchtbarer Landschaften, wie der Javanischen, theils als Besitzern, theils als nächsten Nachbaren derselben von selbst zufallen mußten, begnügt zu haben. Im Jahr 1675 verließen sie zuerst diese friedliche und heilsame Politik, indem sie sich in die innern Unruhen, welche in dem reiche Mataram ausgebrochen waren, mischten und als Preis für den Beistand, den sie dem rechtmäßigen Regenten leisteten, ein Handelsmonopol ausbedungen, das nothwendig zu der willkürlichsten Herrschaft auf der einen und zu der drückendsten Sklaverei auf der andern Seite führen müßte. Ein ähnliches Monopol, von denselben Folgen begleitet, war 1682 der Lohn für ähnliche Dienste im Reiche Bantam. Seit dieser Zeit war die Geschichte der holländischen Niederlassung auf Java eine ununterbrochene Reihe von Unruhen, Kriegen, Verschwörungen und Aufständen, die den Wohlstand der Insel zerrütteten und ihren Boden mit dem Blute ihrer fleißigen Bewohner tränkten, bis 1758 die Gewalt der Fremden auf eine Weise befestigt war, die jeden Widerstand und jede Auflehnung unmöglich zu machen schien. Das Reich Cheribon, das Jacatra im Osten begrenzt und gegenwärtig mehr als 1,500,000 E. zählt, mit dem größten und schönsten Theil der Nordküste, wo die Städte Samarang, nach Batavia die zweite, und Sourabaya, die dritte Hauptstadt der Insel, liegen, war (1705) an die Holländer abgetreten worden, das Reich Mataram, dessen Macht ihnen ungetheilt hätte gefährlich werden können, (1755) in zwei selbstständige Staaten zerfallen, und die Beherrscher derselben, der Kaiser von Soeracarta und der Sultan von Djokjacarta, wurden gleich dem

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_321.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2020)
  1. Die Cultivation ist in den europäischen Besitzungen auf Java ungefähr von derselben Art, wie auf Sumatra; wir beziehen uns daher, statt das unsern Lesern bereits Bekannte zu wiederholen, auf die Briefe eines Holländers in Nr. 50 des Auslandes.