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Das Ausland. 1,2.1828

welcher das Schicksal des Kriegs abhing, war mißlungen; ihr erster Feldherr, Maha Bandula, war in Denubiu von einer Congrev’schen Rakete getödtet worden; diese Festung, so wie Bassein[1], Prome, Martaban, Tavoy, Mergui, Rangpur, Munnipur, Arrikan, kurz, außer ihren Eroberungen im Norden und im Westen, ein großer Theil ihres eigenen Gebiets, befand sich in den Händen der Feinde; da schlossen sie zwar (17. Sept. 1825) den Waffenstillstand zu Miaday; statt aber mit den Britten in Unterhandlungen zu treten, erließen sie folgende Note an sie: „Wollt ihr Frieden, so geht; begehrt ihr Geld oder Land, so kann keine Freundschaft zwischen uns seyn; dieß ist Art der Birmanen.“

Den Britten blieb jetzt nichts übrig, als auf Awa zu marschiren. Die Eingebornen, die sich allmälig in ihren zerstörten Wohnungen wieder einfanden, erboten sich freiwillig zu Hülfeleistungen beim Transport der Artillerie; eine Anzahl Pegu’scher Klepper diente zum schnellern Fortkommen der Mannschaft. Aber aus der furchtbar verheerten Gegend, die einst so reich an allen Genüssen des Lebens gewesen, konnte man kaum zuweilen den Mundbedarf eines Tages beziehen, und die Nässe auf dem Marsch durch das 15–20 Fuß hohe Elephantengras, verursachte, daß fortwährend die Cholera ausbrach. Es war, als ob der Weg stets über das Schlachtfeld ginge: überall Scenen des Todes und des Elends. Kam man hin und wieder zu einer kleinen weißen Pagode, so sah man frisch gemachte Gräber, die Ruhestätten angesehener Männer bezeichnend welche durch die wilde Flucht um die Ehre des Holzstoßes gebracht worden waren. An den Ufern und in dem benachbarten Gesträuch war alles voll von Hunden und Geiern, welche der verpestete Leichengeruch herbeigezogen; manchmal lag ein Hund winselnd auf einem frisch gemachten Grab, oder hielt an der Seite seines noch athmenden Herrn Wache. Als ob das Maß der Schrecken noch nicht voll genug gewesen, fand man häufige Galgen am Weg, an deren jedem die modernden Reste von drei bis vier Gekreuzigten hiengen, Opfer dieser grausamen Strafe vielleicht blos deswegen, weil sie sich von ihrem Posten entfernt, um Essen zu holen, oder weil sie der Neigung zum Frieden verdächtig waren.

(Schluß folgt.)


Die Engländer vor New-Orleans, am Ende des Jahrs 1814 bis zu Anfang des Jahrs 1815.


(Schluß.)

Indessen fingen die Truppen an zu murren. Sie waren unaufhörlichen Strapazen ausgesetzt; Kugeln und Bomben regneten Tag und Nacht in’s Lager und ließen ihnen keinen Augenblick Ruhe. Es war nicht sowohl der Wunsch, aus dieser gefährlichen Lage zu entkommen, der sich in diesem Murren aussprach, als das Brummen einer angeketteten Dogge, die ihren Gegner sieht, aber nicht erreichen kann. Der englische General befand sich in einer sehr bedenklichen Lage. Die Stellung des Feindes in der Fronte anzugreifen, war eine gewagte Unternehmung, von zweifelhaftem Erfolg, und doch war keine Wahl. Den Feind zu umgehen war nicht möglich, da auf einer Seite der Fluß, auf der andern der Morast war. Endlich ersann Sir Edward Pakenham, um die Nachtheile eines Angriffs in der Fronte möglichst abzuwenden, ein eben so kühnes als originelles Mittel. Er unternahm, einen Kanal durch die Erdzunge zu graben, welche die Catilina-Bay vom Mississippi trennte, um auf diesem Wege die englische Schaluppe in den Fluß zu bringen, die feindlichen Batterien auf dem andern Ufer wegzunehmen, sie gegen die amerikanische Stellung zu richten, und diese zu erstürmen. Aber dieser kühne und gut angelegte Plan scheiterte; es fehlte an Faschinen für die Gräben, und an Leitern zum Sturm. Indessen blieben die Engländer einem schrecklichen Artillerie- und Flintenfeuer ausgesetzt, das ganze Reihen niederwarf. Sir Edward Pakenham wurde getödtet: die Generale Gibbs und Keane verwundet vom Schlachtfelde weggetragen. Der Rückzug war nicht länger zu vermeiden, da schon Unordnung einzureißen begann. Es wurde ein Waffenstillstand auf zwei Tage geschlossen, um die Todten zu begraben. Auf einem Raum von 500 Yards lagen mehr als 1000 Engländer, und ein amerikanischer Offizier rauchte ruhig seine Zigarre, indem er die Todten zählte. Das brittische Lager, wo vor 24 Stunden alles munter und heiter gewesen war, wo man mit dem größten Vertrauen auf den Erfolg von dem bevorstehenden Angriffe sprach, hatte jetzt eine ganz andere Physiognomie: düsterer Ernst und Niedergeschlagenheit auf allen Gesichtern, wechselnde Gefühle von Mißmuth, Kummer, Unwillen und Rache in den Herzen. Eine tiefe Entmuthigung hatte sich der Soldaten bemächtigt, welche ihre Lorbeeren verwelkt sahen und den Verlust ihrer Kameraden betrauerten. Von 7000 Mann, woraus das ganze Corps bestanden hatte, waren 2000 gefallen, und darunter viele ausgezeichnete Offiziere und zwei Generale, denn Gibbs überlebte seine Verwundung nur wenige Stunden. Unter diesen Umständen entschloß sich General Lambert, der jetzt befehligte, zum Abzug, den er auch bewerkstelligte, ohne daß ihn der Feind bedeutend beunruhigte. Nach unglaublichen Beschwerden auf dem Marsch durch die Sümpfe schifften sich die englischen Truppen wieder ein, und verließen die Küste von Amerika.[2]


Berichtigung.

in der gestrigen Nummer dieses Blattes Seite 288 Spalte 1. Zeile 35. st. niemal l. einmal.

  1. Die Britten erbeuteten in den eroberten Plätzen eine Menge Kanonen, z. B. in Denubiu 140, in Prome 100, in Bassein 101, im Martaban 116, in Mergui 143, in Tavoy 167 Stück.
  2. Bekanntlich war der Befehlshaber auf amerikanischer Seite der bekannte General Jackson, dessen Freunde diesen Sieg als seine glorreichste That im Dienste des Vaterlandes darstellen. In der That war es aber auch die höchste Zeit, die Ehre der amerikanischen Waffen wieder herzustellen, nachdem es einer Handvoll Britten gelungen war, die Hauptstadt zu verbrennen, und rings das Land zu verheeren.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_306.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)