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Das Ausland. 1,2.1828

mit ihren Zweigen abwärts, mit ihren Wurzeln aufwärts wüchsen? Die Idee von der runden Form der Erde gab Veranlassung zu dieser Fabel von Antipoden, mit ihren Füßen in der Luft. Nachdem die Philosophen einmal dem Irrthum anheim gefallen waren, so mußte eine Absurdität zur Vertheidigung der andern dienen.“

Ernsthafter waren die aus St. Augustin genommenen Gegenbeweise. Er erklärte die Lehre von Gegenfüßlern als unvereinbar mit den historischen Grundlagen unsers Glaubens, indem, wenn man behaupte, daß es auf der entgegengesetzten Seite unsers Welttheils bewohnte Länder gebe, man damit den Satz aufstelle, daß Nationen existiren, die nicht von Adam abstammen, da es für diese Völker unmöglich gewesen wäre, den dazwischen liegenden Ozean zu überschreiten. Dieß würde also die Bibel widerlegen, welche ausdrücklich erkläre, daß alle Menschen von einem gemeinschaftlichen Elternpaare abstammen.

Solcher Art waren die Vorurtheile, gegen die Columbus zu kämpfen hatte, und welche freilich mehr an das Kloster als an eine Universität erinnern. Seiner einfachen Auseinandersetzung der runden Form der Erde wurden bildliche Redensarten der Bibel entgegen gestellt. Man bemerkte ihm, in den Psalmen stehe, der Himmel sey ausgebreitet gleich einem Felle,[1] d. h., den alten Commentatoren zufolge, gleich der Decke des Zeltes, welche bei den alten Hirtenvölkern aus Thierhäuten bestand. Ferner vergleiche auch der Apostel Paulus in seinem Briefe an die Hebräer den Himmel mit einem Zelte, das über die Erde gespannt sey, die folglich platt seyn müsse.

Columbus, ein so aufrichtig religiöser Mann, war auf diese Art in Gefahr, nicht allein des Irrthums, sondern auch der Ketzerei überwiesen zu werden. Indessen gaben andere, die in den Wissenschaften mehr bewandert waren, die Kugelform der Erde, so wie die Möglichkeit einer entgegengesetzten bewohnten Hemisphäre zu, machten aber dabei wieder den Wahn der Alten geltend, daß man wegen der unerträglichen Hitze der heißen Zone unmöglich dahin gelangen könnte. Ja, selbst wenn diese Schwierigkeit beseitigt wäre, so sey doch der Umfang der Erde so groß, daß man zu einer solchen Reise wenigstens drei Jahre brauchen würde, und vor Hunger und Durst umkommen müßte, indem es unmöglich wäre, sich für eine so lange Zeit mit Lebensmitteln zu versehen. Endlich wandte man, auf Epikurs Autorität, ein, daß, die sphärische Form der Erde zugegeben, sie doch blos auf der nördlichen Hälfte bedeckt sey; die entgegengesetzte Hälfte sey ein Chaos, ein Abgrund oder eine bloße Wasserwüste. Zuletzt wurde auch die Behauptung aufgestellt, daß wenn es einem Schiff gelänge, das äußerste Indien zu erreichen, es doch nicht mehr würde zurückkehren können, denn die runde Form der Erde würde hier eine Art von Berg bilden, über den man selbst mit dem günstigsten Wind doch unmöglich hinüber fahren könnte. (Th. 1. S. 119–125.)

(Schluß folgt.)


Die Seemacht der Vereinigten Staaten von Nordamerika.


(Schluß.)

Wenn es mithin staatsklug ist, eine Seemacht zu unterhalten, so muß dabei nothwendig ein Progressivsystem befolgt werden; sie muß mit unserm Wachsthum mit unserer Stärke sich heben, und nach einem regelmäßigen Plan, wovon nur im äußersten Nothfalle abgewichen werden dürfte, fortschreiten. Nach dem Endzweck, der erlangt werden soll, in Vergleich mit den Mitteln, welche uns zu Gebote stehen, sind wir im Stande, den Betrag zu bestimmen, der an unsern übrigen Staatsausgaben erspart und zur Beförderung der Seemacht angewandt werden kann. Die laufenden Ausgaben für dieselbe, wie für jeden andern Zweig der Verwaltung, sind natürlich veränderlich; doch sollten die in Friedenszeiten zur Förderung und andauernden Verbesserung der Seemacht ausgesetzten Fonds keinen zufälligen Umständen und vorübergehenden Bedingungen unterworfen seyn. Wie viele Wege giebt es aber, Geld für Staatszwecke auszusetzen? Um wie viel übertreffen die Forderungen, welche jährlich an die Nationalfonds gemacht werden, unsre Hülfsquellen? In wie vielen von diesen sind individuelle und Lokalgesinnungen und Interessen auf’s tiefste verwebt! Wahrlich, es mißfällt mir, die Flotte Jahr für Jahr einem Wortkampf Preis zu geben mit zahlreichen, dringenden Ansprüchen, welche fortwährend unsere Aufmerksamkeit auffordern. Mir mißfällt es, ihre fortwährende Verbesserung jedes Jahr aufs neue mit den Planen und Wünschen so vieler, welche über die Frage zu entscheiden haben, in Collision gebracht zu sehen. Ich wünsche der Seemacht die Gunst und den guten Willen Aller zu verschaffen und verlange daher einen Fonds, der unausgesetzt für dieselbe bestimmt ist, als stätige Last für den Schatz, und der weder zufällig vermehrt noch vermindert werden darf, je nachdem andere Ansprüche, die gewiß nie von gleicher Wichtigkeit sind, mehr oder weniger dringend werden. Ueberall wo ein großer Nationalzweck erreicht werden soll, ist die Bildung eines Fonds dieser Art das beste Mittel. Zur Abzahlung der Nationalschuld ist ein Tilgungsfonds von 10 Millionen gestiftet, und Niemand zweifelt, daß diese Bewilligung ihrem Zweck vollkommen entsprochen hat. Obwohl ich hohe Steuern oder außerordentliche Bewilligungen verabscheue, so habe ich doch einen noch stärkern Abscheu vor einem nutzlos gefüllten Schatz[2]. In dieser Rücksicht ist der Zustand eines Privatmannes von dem es Staats himmelweit verschieden. Der Privatmann, der mehr hat als er braucht, ist reich; Das Volk, dessen Staatsschatz überfüllt ist, muß arm werden. Es kann kein Geld in den Schatz kommen, das nicht aus den Taschen des Volks genommen

  1. Extendens coelum sicut pellem. Psal. CIII.
  2. An overflowing treasury, eine Besorgniß, von der in Europa wohl sobald nichts gehört werden dürfte. Aber wem kann dieß im Geringsten befremdlich erscheinen, der nur z. B. einen Blick auf folgende Vergleichung der Budgets der Vereinigten Staaten und von Großbritannien wirft.
    In den Vereinigten Staaten Pf. St.       In Großbritannien Pf. St.
    Der Präsident 5,000 Der König 1,000,000
    Der Vicepräsident 1,000 Die königliche Familie 100,000
    Der Staatssecretär 1,000 Drei Staatssecretäre u. drei Unterstaatssecr. 28,000
    Der Secretär des Schatzes 1,000 Sieben Lordscommissäre des Schatzes 13,000
    Die Marineverwaltung 3,400 Die Admiralität 16,000
    Der Postdirector 600 Zwei Polizeidirektoren 5,000
    Der Oberrichter 800 Der Oberrichter 6,000
    Der Generalanwalt (Attorney-General) 600 Der Kronanwalt 6,000
    Der Münzmeister (Master of the Mint) 400 Der Münzmeister 10,000
    Der Senatssecretär 600 Der Präsident (Chairman) des Oberhauses 3,000
    Der Secretär der Kammer d. Repräsentanten 600 Der Sprecher des Hauses der Gemeinden 6,000
    Sieben Gesandte 12,600 Vier(?) Gesandte u. drei Geschäftsträger 59,500
    Sechs Legationssecretäre 2,400 Sieben Legationssecr. 6,050
    Sechs Consuln 1,000 Die Consuls 30,000
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    33,600 1,288,550
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_282.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)