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Das Ausland. 1,2.1828

andern Völkern, blos dem Namen nach, zu beschränken im Stande sind.

Man hat die asiatischen Könige für Despoten gehalten, weil man niederkniet, wenn man mit ihnen spricht, und sich in den Staub wirft, wenn man sich ihnen nähert. Man ließ sich hierbei durch den Schein verführen, weil man die Wirklichkeit nicht zu durchblicken vermochte; man hielt die Fürsten für Götter der Erde, weil man die unübersteiglichen Hindernisse nicht wahrnahm, welche Religion, Sitte, Gewohnheit und Vorurtheil ihrer Willkür entgegensetzen. Ein König der Indier ist, dem göttlichen Gesetzgeber Menu zu Folge, gleich der Sonne: er erleuchtet die Augen und die Herzen; er ist Luft und Feuer, Sonne und Mond; kein menschliches Wesen vermag ihm ins Auge zu schauen. Aber dieser erdengleiche Gott darf von einem Brahmanen keine Taxen erheben, selbst wenn er vor Hunger sterben sollte; aus einem, der der Kaste der Landbauer angehört, keinen Handelsmann machen, noch überhaupt nur die unbedeutendste Vorschrift des Gesetzbuches verletzen, das man für geoffenbart hält und das über die bürgerlichen Interessen wie über die Gegenstände der Religion allein entscheidet. – Der Kaiser von China ist der Sohn des Himmels, und wer sich seinem Throne nähert, muß neunmal mit der Stirne die Erde berühren; aber nicht einmal einen Unterbeamten darf er nach freier Wahl ernennen, sondern muß ihn aus der von den Gelehrten entworfenen Candidatenliste ziehen. Sollte er am Tage einer Sonn- oder Mondfinsterniß es versäumen, zu fasten und die Fehler seiner Verwaltung öffentlich zu bekennen, so würden hunderttausend, durch das Gesetz autorisirte Pamphlets ihm seine Pflicht vors Auge halten und ihn an die Beobachtung der alten Gebräuche des Reiches mahnen. – Schwerlich würde man in den Abendländern darauf verfallen, den Fürsten solche Schranken entgegen zu stellen, aber dennoch ist es nicht weniger wahr, daß im Orient noch eine Menge ähnlicher Institutionen, so verschieden sie auch ihrem Ursprung und ihrer Natur nach seyn mögen, den Launen der Tyrannei einen Damm entgegensetzen, so daß man eine auf diese Weise eingeengte Gewalt doch wohl nicht für zügellos und unbeschränkt, nicht für despotisch erklären kann.

(Schluß folgt.)


Briefe aus Sumatra von einem Holländer.


(Fortsetzung.)

Im Jahr 1798 wurden die ersten Muscatnüsse und Nägelein – 850 Muscatbäume und 66 Nägeleinpflanzen – hier eingeführt, und im Jahre 1803 sah man von denselben die ersten Früchte; 18 Jahre darauf waren sie indessen sämmtlich abgestorben.

Im Jahr 1804 wurde wieder ein neuer Versuch gemacht, und zwar wurden dießmal 22,000 Muscatnußbäume und 7,000 Nägeleinpflanzen eingeführt, deren Anbau den Grund zu allen jetzt in dem Etablissement bestehenden Pflanzungen legte. Die ersteren werden in einem Abstand von 30 Fuß von einander gepflanzt; man sorgt dafür, daß die Plantage, im Süden und Norden, durch hohe Bäume gegen den Wind beschützt sey; der Boden, der zum Einsetzen der Bäume bestimmt ist, wird zuvor umgepflügt; darauf macht man eine Grube von drei Fuß Tiefe und Breite, welche mit einem Dritttheil Kuhmist und zwei Dritttheilen gebrannter Erde angefüllt wird. – Der Muscatnußbaum verlangt jedes Jahr neue Düngung, und muß die ersten fünf Jahre hindurch, bei trockenem Wetter, je um den andern Tag mit Wasser besprengt werden. Man nimmt hier an, daß derselbe im sechsten und siebenten Jahre in voller Tracht (in volle dragt, in seiner höchsten Produktionskraft) sey, wobei er dann jährlich vier Pfund Nüsse und ein Pfund oder ein und ein Viertheil Pfund Muscatblüthe giebt.Die Erndte dauert das ganze Jahr hindurch, doch werden die meisten Früchte in den Monaten September, Oktober, November und Dezember gepflückt. Im April und Mai ist der Ertrag am unbedeutendsten. Nach dem Bearbeiten und Reinigen des Bodens bedarf man allein zum Unterhalt von 1000 Bäumen zehn Chinesen oder Bengalen, zwölf Malayen, an fünfzig Kühe und zwei Pflüge. Nach der Berechnung des Herrn Lewis, eines der kenntnißreichsten unter den Pflanzern, kostet jeder Muscatnußbaum fünf spanische Piaster, ehe er trägt.

Die Nägeleinbäume werden gleichfalls in einem Abstande von dreißig Fuß von einander gepflanzt und verlangen um die Hälfte weniger Düngung, als die Muscatnußbäume. Sie beginnen mit dem fünften und sechsten Jahre zu tragen und sind im zwölften in voller Kraft, werden aber selten älter als zwanzig Jahre, während der Nußbaum siebenzig, ja achtzig Jahre erreicht. Der Nägeleinbaum trägt bloß zweimal alle drei Jahre und zuweilen nur einmal in zwei Jahren; jede Ernte liefert sieben bis acht Pfund.

Das Capital, welches die Europäer in den Anbau der Muscatnüsse und Nägelein gesteckt haben, wurde im Jahr 1826 bereits auf eine Summe von 436,000 spanischen Piastern geschätzt; das von Inländern darauf verwandte auf fünf und dreißig tausend spanische Piaster. Der ganze Werth der europäischen Plantagen wurde dagegen im J. 1821 nur auf 445,437 sp. P. berechnet, was eine sehr geringe Vermehrung desselben voraussetzt, wenn man in Betracht zieht, daß bereits im J. 1805 der Anfang mit der Anlage von Plantagen gemacht wurde. Diese kaum des Nennens werthe Vermehrung läßt mich von der Muscatnuß- und Gewürznägelein-Spekulation nicht viel gutes erwarten. Der Umstand, daß zwei Pflanzer, in einer sehr kurzen Zeit, der eine siebenzig tausend und der andere zwanzig tausend Rupien bei dieser Cultur verloren haben, und daß eine Plantage, wenn sie im Sterbefall des Besitzers oder bei einer andern Gelegenheit verkauft wird, selten so viel einbringt, als die Kosten derselben gewesen sind, bestärkt mich in meinem Mißtrauen.

Der Caffeebau beginnt gleichfalls in Bencoolen immer mehr in Aufnahme zu kommen. Statt des Dadap[1], der hier

  1. Ein Baum, der in Java zwischen die Caffeebäme, zur Beschattung derselben, gepflanzt wird.
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_221.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)