Seite:Das Ausland (1828) 218.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Das Ausland. 1,2.1828

sichtbar, die Folge von Ordnung und Sparsamkeit. – Verschiedene derselben sammeln sich kleine Summen, die sie nicht selten, gegen einen unerhört wucherischen Zins von 25 pr.C. des Monats, an Eingeborne ausleihen. Nach Nachrichten, die ich hier von einem Radien (Herrn) bekommen habe, ist das gewöhnliche Interesse unter einigermaßen vermögenden Eingebornen 5 pr.C. des Monats. Die meisten Verbrecher haben eine, zwei, auch drei Kühe, und einzelne eilf bis zwölf. Sie verkaufen Milch und Butter an die europäischen Ansäßigen.

Zur Ermuthigung nützlicher Arbeit und Cultur giebt das Gouvernement an die Pflanzer eine Anzahl Verbrecher umsonst ab, unter der Bedingung, daß die Pflanzer auf ihren Plantagen wohnhaft sind, und ein wachsames Auge und gute Aufsicht über dieselben haben.

Nach den Verbrechern, von denen die Pflanzer großen Nutzen ziehen, kommt eine zweite, ihnen nicht minder dienstliche und nützliche Menschenklasse in Betracht. Ich meine den Manghiri, d. i. den Schuldner, der seine Arbeit für seine Schuld verpfändet hat: wir würden auf Java sagen, „der Pandeling.“ Wie in den meisten Gegenden von Indien so hatte auch hier der Gläubiger beim Ausbleiben der Bezahlung von Seiten des Schuldner, ein Recht auf den Leib oder die Arbeit desselben. Der Zustand des Schuldners wurde hierdurch nicht viel besser, als der eines Sclaven; denn so lange er seine Schuld nicht bezahlt hatte, mußte seine Arbeit fortdauern, ohne zur Bezahlung oder zur Verminderung der Schuld berechnet zu werden. Diese Arbeit wurde gleichsam als das Interesse des Capitals betrachtet, und ein Besitzer trat einen Manghiri nicht selten an den andern ab.

Doch haben diese unbilligen und unmenschlichen Gebräuche unter dem Gouvernement von Sir Stamford Raffles weiseren Bestimmungen Platz machen müssen.

Nach diesen neuen Einrichtungen kann jeder freie Mann seine Arbeit für eine bestimmte Anzahl von Jahren, doch nicht länger als zehen, an wen er will, verkaufen oder vermiethen, und darf dieselbe dabei auf keinen geringeren Preis als zehen Rupien des Jahres anschlagen. – Der Schuldner darf nicht, außer mit seiner freiwilligen vollen Zustimmung, aus den Händen des einen in die des anderen übergehen, und er muß von seinem Herrn oder Gläubiger Kost und Kleidung erhalten. Alle Uebereinkünfte zwischen dem Manghiri und seinem Gläubiger sind ohne verbindende Kraft, wenn sie nicht regelmäßig von einer Magistratsperson einregistrirt worden sind.

Dann giebt es auch noch eine nicht geringe Anzahl Manghiris, die keine freie, für Schuld freiwillig zur Arbeit verpflichteten Eingebornen sind, sondern als Sclaven von Bali und durch Schleichhandel in Sumatra eingeführt wurden. Diese Menschen sind für fünf und vierzig bis fünfzig spanische Piaster verkauft und durch die Käufer als Manghiris einregistrirt worden: ein Verfahren, welches völlig streitig mit den strengen Gesetzen gegen die Sclaveneinfuhr ist. Denn anders, als Sclaven, können diese Leute unmöglich betrachtet werden, da sie mit Gewalt aus ihrem Vaterlande entführt sind, und nicht sie, sondern ihr unmenschlichen Räuber den Preis für ihre zu leistende Arbeit an sich gezogen haben. Ich kenne einen der vornehmsten Pflanzer, welcher in dem vergangenen Jahre nicht weniger als dreißig dieser Art von Manghiris einregistriren ließ.

Arme, hülflose, verlassene Kinder können auch, sofern sie gehörig registrirt sind, als Manghiris aufgenommen werden. Der so in seiner Kindheit aufgenommene Dürftige ist mit seinem vierzehnten Jahre zu so viel Dienstjahren verbunden, als er Unterhalt genossen hat.

Diejenigen Eingebornen, welche keine Manghiris sind, vermiethen sich für drei spanische Piaster den Monat nebst acht Bambusen Reis. Jeder Bambus hält acht Pfund, und vierzig Pfund kosten in wohlfeilen Zeiten einen spanischen Piaster.

Die sogenannten Kaffern oder Madagascars und Mosambiks, die Abkömmlinge von Sclaven aus Mosambik, welche vor ungefähr sechzig Jahren auf Rechnung der englischen Compagnie eingeführt und im Jahr 1818 durch den Gouverneur Raffles frei gegeben wurden, vermiethen sich unter gleichen Bedingungen an die Pflanzer.

Der Chinese, obwohl zuweilen auch thätig in den Plantagen, vemiethet sich selten, sondern tritt häufiger über eine bestimmte Summe, die er für die verlangte Arbeit im Ganzen erhält, in Uebereinkunft mit dem Pflanzer; z. B. für das Pflanzen oder in Stand-halten einer gewissen Anzahl von Bäumen, oder das Bearbeiten eines Stückes Feld. Nicht selten baut er ein Grundstück auf seine eigene Rechnung.

Nachdem ich mich so weitläuftig über die verschiedenen Klassen der Arbeiter in dem Etablissement verbreitet habe, muß ich wohl auch etwas über die Kultur des Bodens sagen. Diese erhielt durch das brittisch-indische Gouvernement[1] alle nur mögliche Unterstützung. Unternehmenden Männern wird für einen sehr geringen Betrag Land, und, wie ich bereits erwähnt habe, eine Anzahl Arbeiter umsonst abgetreten. Die Produkte der Pflanzer sind von allen Ausgangszöllen befreit, und werden in allen Häfen des brittischen Indiens zugelassen. Im vergangenen Jahr (1822) wurden die meisten Erzeugnisse von Bencoolen durch den Gouverneur auf Rechnung der Compagnie gekauft und die Muscatnüsse mit 240, und die Nägelein mit 300 Rupien das Pikol bezahlt, ein so unmäßiger Preis, daß die Compagnie dabei einen Schaden von mehr als 50 Przt. erlitten haben soll.

Dieses Jahr rechnet man darauf, daß die erwähnten Produkte zwischen 50 und 60,000 Pfund Muscatnüsse, 12 bis 15,000 Pfund Muscatblüthen, und 15 bis 18,000 Pfd. Nägelein betragen werden, eine Quantität, die größer ist als der jährliche Bedarf von ganz Großbritannien. –

Die Mühe und die Kosten zur Erzeugung dieser Specereien sind so groß, daß bei fortdauerndem wohlfeilen Preise derselben die Plantagen meiner Meinung nach nur mit genauer Noth werden bestehen können.

(Fortsetzung folgt.)
  1. Bekanntlich ist seitdem (im Jahr 1825) Bencoolen von Großbritannien an die Niederlande abgetreten worden.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_218.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)