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Das Ausland. 1,2.1828

Das Ausland.
Ein Tagblatt
für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker,
mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland.

Num. 47. 16. Februar 1828.

Politische Parteien in den Vereinigten Staaten.


(Fortsetzung.)

Diese Regierungsform besaß anfangs viele Feinde, ehe sich ihr Werth durch Erfahrung bewährt hatte. Die Partei, die ihr günstig war, nahm den Namen der Föderalisten an, ihr Gegner den der Demokraten. Die Föderalisten jener Zeit bestanden theils aus Männern von großartigen Ansichten (an deren Spitze Washington stand), die eine dauerhafte Einheit der Staaten begründen wollten, theils aus einem Ueberreste der aristokratischen oder Tory-Partei, die in jener Konstitution eine Hinneigung zur Monarchie oder eine Annäherung an England zu erkennen glaubte. Dieser letzte Theil der Föderalisten-Partei stand lange an ihrer Spitze, ist aber jetzt gänzlich verschwunden. Die demokratische Partei hingegen bestand theils aus ächten Republikanern, berauscht von dem augenblicklichen Triumphe über England, und mehr als billig auf die Kraft der isolirten Staaten vertrauend, theils aus einigen Ehrgeizigen, die, während sie in dem eignen Staate eine Rolle spielten, auf einem neuen Schauplatze, dem sie sich nicht gewachsen fühlten, verdunkelt zu werden fürchteten, theils endlich aus einigen vernünftigen Leuten, welche eine Monarchie mehr fürchten zu müssen glaubten, als eine Trennung der Staaten.

Um jene Zeit verbreitete die französische Revolution ihre Wohlthaten und ihre Verwüstungen über den ganzen Kontinent von Europa. England, nicht im Stande, sie zu besiegen, verläumdete sie in seinen Zeitungen, den einzigen, die, wegen der Gleichheit der Sprache, hier allgemein gelesen wurden. Die Föderalisten verglichen die Demokraten mit den Jakobinern, und verkündeten die Anarchie der Schreckenszeiten, wenn jene triumphiren würden, während sie selbst von den Demokraten Agenten Englands, Feinde der National-Unabhängigkeit, Aristokraten u. s. w. genannt wurden: so wurde die Partei der Demokraten zur französischen, die der Föderalisten zur englischen Partei. Beide nahmen zur Zeit der Herrschaft Napoleon’s, in Folge des Kontinental-Systems, das auch bei uns seine Wirkungen fühlen ließ, einen noch entschiedenern Charakter an. Die Bewohner der Seehäfen, und überhaupt Alle, deren höchstes Interesse auf den Handel gerichtet war, wurden hier, gleich ihren Geistesverwandten in Europa, Gegner der Franzosen, und schlossen sich daher der Partei der Engländer und der Föderalisten an. Diejenigen hingegen, die wie Jefferson und Patrik Henry dachten, und die großen Städte für die Geschwüre der Republiken ansahen, befestigten sich nur noch mehr in ihren revolutionären Grundsätzen.

Die Beschränkungen des Handels verursachten endlich einen allgemeinen Unwillen, den Englands willkürliche Maßregeln noch vermehrten: man fing an, den Krieg vorauszusehen. Die Föderalisten scheuten ihn und wiedersetzten sich ihm, entweder weil sie glaubten, daß er die Föderativ-Verfassung schwächen würde, oder weil sie sich nicht gern mit Frankreich gegen England verbinden wollten, oder endlich, weil sie der Meinung waren, daß der Handel selbst von einem kurzen Kriege mehr leiden würde, als von den Hindernissen, die ihm die kriegführenden Mächte Europas in den Weg legten. Die Demokraten hingegen glaubten in dem Kriege ein untrügliches Mittel zu erkennen, den Staaten ihre ursprüngliche Unabhängigkeit wieder zu geben, und England zu schwächen. Von einem edlen Nationalgeiste beseelt, wagten sie es, sich in einem so ungleichen Kampfe mit der Hoffnung eines glücklichen Erfolges zu schmeicheln. So brachten denn die Ereignisse zwei neue Parteien hervor, die zum Krieg und die zum Frieden geneigte; es waren aber im Grunde wieder nur die alten Parteien, die jetzt unter einem neuen Gesichtspunkte hervortraten.

Washington war bei der Annahme der Konstitution zum Präsidenten erwählt worden. Er gehörte zu denen, die eine so innige Verbindung der Staaten, als möglich, mit Eifer anempfahlen; und obgleich er zu verständig und zu fest war, um das Haupt oder das Werkzeug einer Partei zu seyn, so betrachtete die öffentliche Meinung ihn doch als einen Freund der Grundsätze der Föderalisten. Sein entschiedenes Betragen gegen den Abgesandten der französischen Republik bestätigte diese Meinung. Auf seine Verwaltung folgte die des Adams, die ganz englisch, ganz den Grundsätzen der Tories gemäß, und beim Volke so verhaßt war, daß er nicht wieder erwählt werden konnte. Das Uebermaaß seines Föderalismus neigte die Wage auf die Seite der Demokraten, die jetzt Jefferson wählten. Jefferson war von philosophischem Geiste, gelehrt und liebenswürdig. Nie hat es Jemand besser verstanden, sich beliebt beim Volke zu machen und eine Partei zu organisiren. Er beherrschte die seinige so sehr, daß jede Maßregel, die die Regierung in Vorschlag bringen mochte, für eine demokratische galt, und von dieser Partei durchgesetzt

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_195.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)