Seite:Das Ausland (1828) 172.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Das Ausland. 1,2.1828

nur hundert zu Oxford und Cambridge studierten, während das Kollegium der Aerzte mehr als dreihundert Licentiaten zählt, außer mehreren hundert Praktikanten auf dem Lande, die sich niemals um dieses Vorrecht bewerben. Von den 6000 Mitgliedern des Kollegiums der Wundärzte aber haben, wie behauptet wird, nur sechs einen Grad auf unserer Universität erlangt.

In den höhern Zweigen der Gesetzkunde haben Viele auf den Universitäten Oxford und Cambridge promovirt. Allein unter den Anwälden (Attorneys), deren nicht weniger als 8000 in England sind, gibt es, wie man glaubt, von tausend kaum Einen, der auf einer Universität Unterricht erhielt. Es gibt auch eine andere Klasse von Personen, denen die Vorzüge einer wissenschaftlichen Erziehung zu verschaffen gewiß sehr zu wünschen wäre: es sind dieß die in Regierungsämtern Angestellten, die aber Oxford und Cambridge zu diesem Behufe nicht brauchen können, weil sie gemeinhin entweder in oder noch unter dem Alter der Studenten auf jenen Universitäten in Diensten treten.

Haben nun die großen Veränderungen, welche in England, seit Gründung der Universitäten Oxford und Cambridge, die Bevölkerung, der Reichthum und die allgemeine Verbreitung des Unterrichts erfahren haben, die Errichtung einer andern Universität zum dringenden Bedürfniß gemacht, so scheint gerade London der Ort zu seyn, der in dieser Beziehung die meisten Vortheile gewährt. Man muß sich in der That wundern, daß eine seit Jahrhunderten so volkreiche und berühmte Stadt seither einer solchen Anstalt entbehrte. Nach den sichersten Angaben befinden sich daselbst nicht weniger als 5000 junge Leute von 16 bis 21 Jahren, deren Eltern leicht die Kosten eines Unterrichts zu bestreiten vermögen, wie solche für diese Universität vorgeschlagen werden. Die Hauptstadt ist der Sammelplatz der Notabilitäten jeder Kategorie, und unter andern auch der ausgezeichnetsten Gelehrten und Künstler; sie ist der passendste Ort für alle jungen Leute aus den Provinzen, deren Bildung noch der Vollendung bedarf. … Eine, nach dem beabsichtigten Plane in dieser Hauptstadt errichtete Universität wird ferner viele junge Leute aus den Kolonien und jenen fremden Ländern anziehen, wo, aus politischen Ursachen, Wissenschaften und Studien Beschränkungen unterworfen sind. In Folge des Wunsches einiger hochangesehenen Personen aus einem der neuen Freistaaten Südamerikas, hat man Erkundigungen angestellt, ob nicht Einrichtungen getroffen werden könnten, etwa hundert junge Leute aus jenem Lande auf der Universität London aufzunehmen: und daß solche Einrichtungen zu treffen sind, ist nicht zu bezweifeln. Würden nun diejenigen, welche dazu bestimmt sind, die dereinstigen Gesetzgeber, Regierer und Führer der verschiedenen Klassen der Gesellschaft in jenen Ländern zu seyn, nach dem liberalen und aufgeklärten Systeme Englands erzogen und daran gewöhnt, schon in den frühern Jahren ihres Lebens um sich her das Glück und die Sicherheit zu erblicken, die aus unsern freien Institutionen entspringen, so könnte man die Verbreitung des hieraus sich ergebenden moralischen Einflusses Englands auf die Bestimmung der neuen Welt wohl schwerlich zu hoch anschlagen.

(Forts. f.)


Ueber die Unausführbarkeit des von einigen Mechanikern gemachten Vorschlages, mit Dampfwagen auf gewöhnlichen Straßen zu fahren.


(Fortsetzung.)

Am 15 März 1824 ward dem Mechaniker William Henry Games von Birmingham ein Patent auf eine verbesserte Bauart von Dampfwagen zur Förderung von Waaren und Reisenden auf Chausseen und Landstraße, ohne Eisenbahnen, ertheilt, wovon die Abbildung und Beschreibung im Aprilhefte des London Journal of Arts et Sciences von 1825 gegeben wurde. Von öffentlich mit diesem Wagen angestellten Versuchen ist jedoch seither nicht das Geringste bekannt geworden.

Im Jahre 1825 erhielten die Mechaniker Timothy Burstall und John Hill in London ein Patent auf eine ähnliche, von ihnen erfundene Dampf-Postkutsche, von welcher das Edinburgh philosophical Journal (Oktoberheft 1825) eine vollständige Zeichnung und Beschreibung lieferte. Unser für die Wissenschaft zu früh verstorbener Akademiker, Ritter von Yelin, hatte diesen Wagen im Monat August 1825 ganz fertig gesehen, dessen baldige öffentliche Erscheinung schon damals angekündigt war. Allein alles, was bis auf den heutigen Tag von dieser Maschine bekannt worden ist, beschränkt sich auf eine im Morning Chronicle vom 30 Juli 1827, in Galignani’s Messenger und im Oktoberhefte des Bulletin des sciences technologiques von 1827 enthaltene Nachricht, welche folgendermaßen lautet:

Dampfwagen von Burstall und Hill

„Die Erfinder probirten gestern ihren Dampfwagen. Nachdem derselbe in dem Umfange ihres Hofraumes, gegenüber von Neu-Bedlam (etwas ominös! – ) herum gelaufen war, kam er heraus, und, indem er eine leichte Wendung machte, um auf die große Straße zu kommen, blieb eines der Räder in einem Geleise von weichem Grunde stecken. Hierauf zersprang der Kessel mit einer starken Explosion. Es wurden dabei nur ein kleiner Dienstjunge und ein Maschinist schwer verwundet, obwohl gegen zwanzig Personen sich anstrengten, das Rad aus dem Geleise heraus zu bringen“ u. s. w.

Am 18 Dezember 1824 nahm Herr David Gordon in London ein Patent auf „Verbesserungen im Baue von Wagen, welche durch mechanische Mittel fortgeschafft werden sollen.“ Seine, im Repertory of Patent Inventions von 1825 beschriebene Erfindung, mittelst welcher Wagen auf gewöhnlichen Straßen, wie auf Eisenbahnen, und eben so Pflüge, Eggen und andere Ackerbau-Maschinen durch Dampfkraft fortbewegt werden sollen, unterscheidet sich von jenen seiner Vorgänger wesentlich darin, daß er, statt der gewöhnlichen Dampfkessel, eine Zusammensetzung von engen Röhren, mit zwei liegenden Cylindern vorschlägt, und die Bewegung nicht durch Umdrehung der hintern Wagen-Räder, sondern durch sechs nebeneinander arbeitende Treib- oder Schiebstangen (propellers) welche, wie die Füße der

Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_172.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)