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Das Ausland. 1,2.1828

bekam. Alle überhäuften mich mit Höflichkeiten und Wohlwollen, und ich verdankte es hauptsächlich ihrem Rathe und ihren Empfehlungen, daß mir erlaubt wurde, die schönsten und reichsten Bibliotheken der Stadt zu besuchen, ihre Cataloge und Manuscripte durchzugehen, und alles zu copiren, was mir gut deuchte. Nur mußte ich für diese Besuche mich türkischer Tracht bedienen, weniger um den Gläubigen keinen Anstoß zu geben, welche etwa an den Orten, wo man das Gebet hält, und wo täglich die Scheikhs zahlreichen Zöglingen Unterricht in der Theologie und Liturgie ertheilen, den Anblick eines Franken mit Abscheu sehen möchten, als um mich den sonderbaren Fragen und den ermüdenden Höflichkeitsbezeugungen zu entziehen, mit denen man mich überhäufte, sobald man bemerkte, daß ich Franke und Christ sey; denn – ich kann dieß mit der größten Gewissenhaftigkeit versichern, und werde mich vielleicht in einem andern Brief noch ausführlicher über diesen Gegenstand verbreiten – nichts ist alberner, als die Bevölkerung von Constantinopel für so unduldsam und fanatisch zu halten, als einige europäische Journale sie ihren Lesern darstellen. Man kann diese Blätter hier nicht lesen, ohne entrüstet zu werden über die unglaubliche Treulosigkeit, mit der alles verunstaltet wird, was durch sie über Constantinopel und besonders über die Begebenheiten der letzten Jahre in’s Publikum kommt.

Es ist schwer mit Genauigkeit anzugeben, wie viele Bibliotheken es in dem weiten Umkreis von Constantinopel giebt. Ich habe bemerkt, daß deren viele sind, von denen meist nicht einmal das Dasein bekannt ist, und die eben so reich sind an guten Werken, als die berühmtesten. Bis jetzt besuchte ich die folgenden dreißig Bibliotheken: 1) des Sultans Mustafa, 2) die von Yeni-djami, 3) des Sultans-Bayazid, 4) des Großveziers Raghib-Pascha, 5) des Großveziers Ibrahim-Pascha, 6) des Großveziers Kupritioglu Mohammed-Pascha, 7) des Aschur-Effendi, 8) des Murad-molla, 9) des Kilitsch-Ali-Pascha, 10) der Pagen des Großherrn zu Galata-seräi, 11) der Derwische Mewlewi in Galata, 12) der Osmaniye, 13) der Suleimaniye, 14) des Sultan’s Abd’ulhamid, 15) des Athif-Effendi, 16) von Faiz-Ullah, 17) von Aya-sofia, 18) des Sultan’s Mohammed, 19) von Ali Pascha, 20) von Hakim-oglu Ali Pascha, 21) von Veli-Effendi, 22) von Tosik-Effendi, 23 von Dschurilli-Ali-Pascha, 24) von Marzfuni-Kara-Mustafa Pascha, 25) von Saleh-zade, 26) von Rustem-Pascha, 27) von Mersih-Pascha, 28) von Amradz-zade-Hussein-Pascha, 29) von Ayub-ansari, 30) Aga-Kutubkhanesi (Bibliothek des Aga).

Um nur die Cataloge der Manuscripte zu copiren, die sich in allen diesen Anstalten befinden, hätte ich mehr Zeit gebraucht, als ich mir vorgenommen hatte, in Constantinopel zuzubringen. Ich habe daher meine Aufmerksamkeit fast ausschließlich auf jene Manuscripte beschränkt, die mir die wichtigsten zu seyn schienen, d. i. auf die orientalischen Historiker, welche diese Bibliotheken besitzen. Einige der oben aufgezählten haben zwar nicht einen einzigen Historiker, wenn man nicht die mohammedanischen Legenden, die man hundertmal in jeder großen Bibliothek wieder findet, dazu rechnen will; viele dagegen besitzen die kostbarsten Manuscripte, Werke, die man in Europa nicht einmal dem Namen nach kennt, oder längst verloren glaubt. –

Unter den Manuscripten, die ich in Händen gehabt habe, waren mir die merkwürdigsten, die Werken von Ibn-alathir, Ibn-alasakir, Ibn-aladim, und Ibn-Khaldun, von denen, soviel ich weiß, kein einziges in Europa existirt. Da es fast eben so schwer hält, Copien von diesen Werken zu erhalten, deren jedes aus einer großen Anzahl von Folianten besteht, als es unmöglich ist, ein Exemplar aus den Bibliotheken herauszubekommen, in denen sie mit abergläubischer Gewissenhaftigkeit verwahrt werden, so habe ich mich darauf beschränken müssen, so genaue Notizen über dieselben zu machen, als mir möglich war.

Was Ibn-alathir (der sich u. a. in zwei ungeheuren Folianten in der Bibliothek von Raghib-Pascha befindet und in sechs kleineren in der von Athif), so habe ich daraus alles ausgezogen, was sich auf die Geschichte von Persien von Kaiomorts bis auf Alexander den Großen bezog. Der Verf. hat, wie er in der Vorrede sagt, seinem Werke den großen Tarik von Tabari einverleibt; er ist einer der besten arabischen Geschichtschreiber und verdient die Achtung, deren er im Orient genießt, vollkommen.

Die Werke des Ibn-Asakir und Ibn-Adim über Damascus und Aleppo sind wahrhaft riesenmäßige Arbeiten; man begreift kaum, wie ein einziger Mensch ein so colossales Werk, wie das des Ibn-Asakir, das aus eilf Folianten, nach einer sehr mäßigen Schätzung mit 20 bis 22,000 Seiten sehr kleiner Schrift, – einer Million Zeilen und 50 – 60 Millionen Buchstaben – besteht, nur abschreiben, geschweige verfassen konnte. Wie richtig dieses beiden Werke für die Geschichte und Geographie des Orients sind, werden die Notizen zeigen, die ich nach den Exemplaren der Bibliotheken von Ibrahim Pascha, von Athif und Faïz-ullah gemacht habe.

Das letzte Werk, welches mich während meines Aufenthaltes in Constantinopel beschäftigte, ist das große Werk von Ibn-Khaldun, von dem Hr. von Hammer behauptet hatte, daß es in keiner der Bibliotheken von Constantinopel vorhanden sey. Ich habe es – sieben Folianten – in der schönen Bibliothek des Ibrahim-Pascha gefunden, der Moschee der Prinzen vom Geblüt (Schahzadehler-Dschâmisi) gegenüber. – In der Mitte des fünften Bandes fängt die Geschichte der Berbern an, von der ich mehrere Kapitel copirt habe, die sehr schätzbare Aufschlüsse über den Ursprung, die Genealogie und das Land dieses Volkes enthalten. –




Ueber die Unausführbarkeit des von einigen Mechanikern gemachten Vorschlages, mit Dampfwagen auf gewöhnlichen Straßen zu fahren.[1]

Von Joseph Ritter von Baader.

Die Idee von Dampfwagen und solchen Fuhrwerken, welche durch die Kraft der elastischen Wasserdämpfe, statt der Pferde, fortgebracht werden sollten, ist nicht neu. In einem Lande, wo man mit dem Bau und jeder möglichen

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_168.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)
  1. S. das Ausland No. 11 und 12 von diesem Jahre.