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Das Ausland. 1,2.1828

Gelegenheit einer Beförderung eingereiht werden. Sie sind das, was wir Ueberzählige oder Supernumerärs nennen.

Außer seinem Gehalte, der im Ganzen geringe ist, erhält der chinesische Staatsdiener noch Yang liän oder Beköstigungsgelder. Ein besonderer kaiserlicher Befehl erlaubt ferner denen, die zu einem Posten in der Provinz ernannt werden, bei ihrer Abfertigung von Peking, zur Bestreitung der Reisekosten und zu ihrer dortigen Einrichtung, eine bestimmte Summe als Vorschuß von dem Reichsschatz zu nehmen. Die Größe dieses Vorschusses richtet sich nach dem Range der Stelle und nach der Entfernung der Provinz von der Residenz. So erhält z. B. der Präfect eines Departements der Provinz Yün nan, der südwestlichsten des eigentlichen China, eintausend Unzen Silber, während ein Präfect in Tschy li, oder der Provinz in der Peking liegt, nur 300 empfängt. Die Zurückzahlung dieser Summe, oder vielmehr ihr Abzug an den Beköstigungsgeldern, geschieht im Verlauf des ersten Jahrs, von der Ankunft des Beamten auf seinem Posten an gerechnet, in vier Terminen. Sind die Beköstigungsgelder geringe, so geschieht die Rückzahlung in achtzehn Monaten und in sechs Terminen. Stirbt der Beamte, ehe er diesen Vorschuß berichtigen konnte, so wird die restirende Summe auf alle Staatsdiener derselben Provinz, nach Verhältniß ihres Ranges, umgelegt.

Die neuen Beamten haben sich innerhalb zehn Tagen von Peking auf ihren Posten in den Städten der Provinz Tschy li einzufinden, und so nach dem Verhältniß der Entfernung in den anderen Provinzen des Reichs; so daß diejenigen, welche nach Yün nan, (der weit entlegensten Provinz) bestimmt sind, hundert und zehn Tage zur Reise bekommen; wer nicht zur bestimmten Zeit eintrifft, ist straffällig.

Um eine Uebersicht der ganzen chinesischen Civiladministration zu geben, lasse ich hier das Verzeichniß der hohen Dicasterien in Peking, von welchen die in den Provinzen abhängen, folgen:

1) Das erste Reichstribunal, Tsung schin fu ist das Forum der kaiserlichen Familie; es richtet und bestraft die Mitglieder desselben, wenn sie es verdienen. Die Beisitzer dieses Gerichts sind alle Prinzen vom Geblüt; der Präsident ist ein naher Verwandter des Kaisers.

2) Das Nui ko, oder innere Collegium. Seine Mitglieder bestehen aus Staatsministern und Gelehrten des ersten Ranges. Es zerfällt in drei Unterabtheilungen: a) die Geschichtsdirektion; sie hält ein genaues Tagebuch über die Handlungen des Kaisers, verzeichnet die von ihm ausgehenden Befehle, und sammelt alles was zur Verfassungder Geschichte seiner Regierung erforderlich ist; b) der Geheime Rath, empfängt und beantwortet die Schreiben fremder Höfe, verfaßt, nach dem Auftrage des Monarchen, die von ihm zu genehmigenden Befehle, und andere in seinem Namen erscheinende Schriften; c) die Gesetzcommission. Ihre Pflicht ist, nicht nur die alten Gesetze zu revidiren, und die nöthigen neuen zu entwerfen, sondern auch die Gesetze dem Kaiser stets vor Augen zu stellen, und den von ihm zum Nachfolger bestimmten Prinzen darin zu unterrichten.

Das innere Collegium giebt den vom Kaiser bestätigten Gesetzen Kraft, durch die Beidruckung der verschiedenen Reichssiegel, deren Aufbewahrung einem Verschnittenen des Palastes anvertraut ist. Wenn eines dieser Siegel zum Beidrucken erfordert wird, so muß das innere Collegium den Bewahrer desselben davon benachrichtigen, worauf er es selbst demselben überbringt, und gegenwärtig seyn muß, wenn es dem zu expedirenden Befehle beigesetzt wird.

Im Staatskalender wird die Kiun ti schhu genannte Kommission nicht angeführt, obgleich die wichtigsten Staatsangelegenheiten größtentheils durch ihre Hände gehen. Sie ist nämlich kein förmlich constituirtes Reichskollegium, sondern ein Ausschuß aus den ersten Personen der hohen Dicasterien, eine Art Staatsrath, dessen Mitglieder einzeln ihr Gutachten abgeben, und das Resultat ihrer Verhandlungen dem Kaiser vorlegen, der täglich von 5 bis 8 Uhr Morgens, im Conferenzsaale, dicht neben den Sitzungs-Zimmern dieser Commission sich aufhält, um die von derselben ihm zugeschickten Papiere zu empfangen, und deren Inhalt zu bestätigen, zu modificiren, oder zu verwerfen. Von ihm gehen diese Papiere an das innere Collegium ab, um mit dem Reichssiegel versehen zu werden. Haben sie diese Autorisation erhalten, so werden sie von neuem dem Kaiser vorgelegt, der sie noch einmal prüft, und dann ihre Absendung durch Staatsboten an den Ort ihrer Bestimmung befiehlt.

Dem Range nach folgt im Staatskalender das Collegium der Han lin, welches man die Akademie der Wissenschaften nennen könnte, wenn unsere Akademien in Europa eines so hohen Ansehens genößen, und so viel Einfluß auf die Staatsverwaltung hätten, als in Peking der Verein der ausgezeichnetsten Gelehrten des chinesischen Reiches.

Dieses Collegium besteht aus mehr als 200 Mitgliedern, von denen die vornehmsten die Vorleser des Kaisers sind.

Ein anderes gelehrtes Collegium führt den Namen Tschen szü fu; ihm liegt die Erziehung und Bildung des designirten Thronfolgers ob.

Auf die genannten hohen Reichsbehörden folgen die sechs Pu, oder großen administrativen Ministerien:

1) Das Ly pu,oder die Reichskanzelei, welche die Bestallungen der Civilbeamten ausfertigt, sie ein- und absetzt, und nach Verdiensten befördert, belohnt oder bestraft.

2) Das Hu pu, Finanzcollegium. Es verwaltet die Einkünfte des Reiches, bestätigt die zu machenden Ausgaben, und revidirt die Berechnungen der gemachten. Unter seiner Leitung stehen alle Ackerbauer und Ländereien des Reiches, so wie die Abgaben, welche in Natura von Getreide und anderen Landesproducten entrichtet werden, die Einfuhr und Ausfuhr des Getreides, Auflagen, Kopfgeld, Zölle auf Salz und andere Waaren, die Unterhaltung

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_144.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)