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Das Ausland. 1,2.1828


königlichen Bibliothek unter Ludwig XIV zum Gegenstande hatten. Aber nun war es Zeit, auch von seinem Nachfolger etwas zu sagen: doch zeigte hier der immer allgemeiner um sich greifende Leichtsinn bald seinen Einfluß. War in dem einen Jahr die Aufgabe: „die Liebe der Franzosen zu ihrem Könige,“ so konnte die nächste Aufgabe vom Spiel, von dem Reich der Mode handeln. Vom Jahre 1755 an scheint die redende und die dichtende Akademie sich ganz der Leitung des Zeitgeistes hinzugeben. Die Poesie wurde philosophisch und die Beredsamkeit beschäftigte sich mit den Verdiensten großer Männer.

(Fortsetzung folgt.)

Kapitain Jones Reisen nach Norwegen, Schweden, Rußland und der Türkei.
(Fortsetzung.)
2) Der König von Schweden.

„Wir kamen zur bestimmten Stunde in den Palast, und stiegen die Treppen hinauf ohne einem Menschen zu begegnen, bis wir am Ende derselben einen Hofbedienten, in Blau und Silber gekleidet, erblickten, der uns in ein Zimmer führte, in welchem mehrere Offiziere sich befanden. Diese wiesen uns den Weg zu dem Rathssaale, in welchem alle höheren Stabsoffiziere versammelt waren, unter ihnen Admiral Stienbrock, reich mit Orden behängt. Wir unterhielten uns mit ihnen, bis ein Kammerherr uns in den Audienzsaal führte – eine lange Galerie mit Gemählden und Skulpturen geschmückt. Drei Edelleute, in Staatskleidern, standen am obern Ende derselben. Bald darauf erschien Se. Majestät, sprach einige Minuten mit den Höflingen, worauf diese sich zurückzogen, und der König, ohne daß weiter jemand gegenwärtig gewesen wäre, auf uns zutrat. Nach einigen unbedeutenden Fragen bemerkte der König, er habe so eben la nouvelle facheuse vom Tode des Marquis von Londonderry erhalten, verbreitete sich dann in einer langen Lobrede über den Charakter desselben, besonders seine Ruhe in den Debatten, und die Umsicht seines Geistes, durch die es ihm gelungen sey, England auf eine beispiellose Höhe von Ruhm und Macht zu erheben, die er nur vielleicht bei den endlichen Arrangemens in Europa nicht genug benützt habe. Zwar, sagte er, wolle er ihn nicht mit Pitt vergleichen, doch sey es immer ein wirklich großer Mann gewesen, und er besonders habe Ursache ihn zu achten, und seinen Tod zu bedauern. – Als er uns fragte, wie lange wir in Schweden seyen, hatten wir zugleich Gelegenheit zu bemerken, in welch glücklichem Zustande wir das Land getroffen hätten, wobei uns besonders das aufgefallen sey, daß wir nirgends auf einen Gendarmen gestoßen wären. „Nein“ erwiederte der König „die kennen wir nicht. Nur da und dort findet sich ein Beamter, der im Fall eines Streits, einer Schlägerei, wenn er nicht allein Frieden stiften kann, einige aus dem Volk ausruft, die ihm dann gutwillig in Erfüllung seiner Pflicht beistehen. Diese Beamten, fügte er hinzu, gleichen euern Constabels mit ihren Stäben, nur daß sie vielleicht nicht so gut bezahlt sind.

„Die Konscription,“ fuhr der König fort, „wird auf demselben ruhigen Weg betrieben. Man verkündet sie blos in den Kirchen. Auch giebt es keinen Steuereinnehmer bei uns. Wenn man den Termin zur Bezahlung einer Taxe bekannt macht, so bringen die Steuerpflichtigen ihre Schuld von selbst ein, wodurch der größte Theil der in andern Ländern so bedeutenden Erhebungskosten erspart wird. Ueberhaupt sind die Abgaben in Schweden wohl kleiner, als in irgend einem andern Lande; wir sind arm, aber zufrieden. In Holland zahlt man 18 Przt des Einkommens, in Preußen 13, in Dänemark 12; in Schweden aber, wie ich es selbst berechnet habe, nur 5. England trägt bei weitem die höchsten Abgaben; dieß machen eure Accisen und Zölle, die ich, wie ich bekennen muß, nicht begreifen kann; auf jeden Fall aber seyd ihr reich: Wir sind arm, haben bloß Holz und Eisen, und ein wenig Silber. Die Adern in Norwegen sind fast erschöpft; einige zwar könnten, nach einem mir vorgelegten Berichte, noch fünf Jahrhunderte lang Ausbeute geben, aber die Regierung will die Minen nicht graben lassen, und unsere Privatleute sind nicht reich genug. Der Geist der Unternehmungen und der Mechanik lebt nur in England. An Eisen aber haben wir Ueberfluß; da ist ein Bergwerk, welches wohl für fünfzehn Jahrhunderte, d. h. für immer, Eisen giebt. Man braucht dabei keine Gänge zu führen, sondern gewinnt die Ausbeute gleich außen herein.“

„Sie haben auf Ihrem Wege hieher ringsum Freiheit und Zufriedenheit bemerkt: die sittlichen Völker sind gut, sie sind schon von Natur gut, da braucht es keinen Zwang. Ich fühle mich glücklich zur Regierung eines so sittlichen Volkes berufen worden zu seyn. – Es thut mir leid, daß ich heute abreisen muß; ich hätte Sie gerne noch öfter gesprochen. Montag aber kehre ich zurück, und hoffe Sie dann auf einem kleinen Landgute bei Stockholm zu sehen, wo ich mich mit meinen Blumen beschäftige. Ich bin sehr eingenommen dafür, obgleich es nur eine Hütte ist. Wer ein Freund von Blumen ist, fühlt sich angezogen, und wer diese auch nicht pflanzen und pflegen mag, kann sich wenigstens des Wohlgeruches erfreuen. Nun adieu, meine Herren! Bei Tische sehe ich Sie wieder, wenn ich Montag zurückkehre.“

(Schluß folgt.)

Ueber die politische Lage der aus dem spanischen Amerika hervorgegangenen neuen Staaten.

Von Everett.

Schluß.

Im spanischen Amerika war im Gegentheil das Eigenthum von jeher sehr ungleich vertheilt gewesen; wenige Privilegirte befanden sich im Alleinbesitz alles Grundeigenthums. Die Folge hievon war, daß weder die Bequemlichkeiten des Lebens, noch Kenntnisse und Aufklärung sich unter die Masse des Volks verbreiteten, und da die unprivilegirten Volksklassen keine politischen Rechte besaßen,

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_074.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)