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Das Ausland. 1,2.1828


Der Zug des Chesapeake- und Ohio-Canals ist aus der beiligenden Charte zu ersehen.

In einer Länge von 342 englischen Meilen (68 deutschen) zieht sich derselbe von Georgetown an, auf den Abhängen links des Potomacflusses bis nach Cumberland, und gelangt von da aus in dem Seitenthale des Laurelflusses an den Bergrücken Backboner, der einen Theil des Alleghanygebirges ausmacht.

In der Tief von 856 Fuß unter dem Scheitel durchdringt der Canal diesen Bergrücken mit einem Fahrstollen (Tunnel), um aus dem Flußbecken des Potomac in das des Ohio überzugehen. Von dem Fahrstollen auf den Vertheilungsboden (summit level), zieht sich der Canal durch das Thal des Casselmansflusses bis an dessen Einmündung in den Fluß Joughagany und geht, diesen links lassend, über Connelsville an den Monongahela mit dem Alleghanyflusse entsteht.

Da, wo die unter sich parallelen Bergrücken von den Flüssen durchbrochen sind, erheben sich die Uferwände senkrecht: und da der Canal in dieselbe eingehauen werden muß, so entstehen hierdurch kostspielige Arbeiten, indem die Felsen gesprengt, und hohe und starke Futtermauern angelegt werden müssen.

(Fortsetzung folgt.)


Die französische Akademie.
(Fortsetzung.)

In Frankreich hat das Ansehen der Akademie alle Sprachstreitigkeiten geschlichtet. Das Verzeichniß der Schriften, die wegen der Akademie geschrieben worden, ist zahlreich; die vielseitigsten Erörterungen über streitige Materien wurden dadurch herbeigeführt, aber der Streit konnte nicht endlos werden, da geachtete und imposante Autoritäten ein competentes Forum bildeten. Hierher gehören die von Tallemant († 1712) redigirten décisions sur la langue française und die Observations sur les remarques de Vaugelas von T. Corneille († 1709) und mehrere andere Werke. So wie auf diese Weise die Akademie den Begriff von Classicität festgestellt hat, so können ihre Preisaufgaben für Beredsamkeit und Poesie, die sich von 1671, dem vorletzten Jahre des Seguier’schen Protektorats datiren, als Maßstab dienen, um den Stand der geistigen Bildung in den verschiedenen Perioden und die Fortschritte des Geschmacks zu bezeichnen. Von 1671 bis 1824 hat die Akademie 79 Redepreise, und in derselben Zeit 78 poetische Preise ausgetheilt. – Im Zeitalter Ludwigs XIV († 1715) haben Poesie und Beredsamkeit eine bestimmte Beziehung auf Gott und den König; die Beredsamkeit ist fromm, die Poesie royalistisch. Der Ernst der Prosa schien dem Lobe des Schöpfers am angemessensten. Der höchste Schwung der Lyra war für die Verherrlichung des großen Königs kaum erhaben genug. Das Motto: „Non nobis, Domine, non nobis: sed nomini tuo!“ mit welchem die erste Preisschrift für die Beredsamkeit (1671) bezeichnet war, könnte als allgemeiner Wahlspruch angesehen werden.

Am Hofe Ludwigs XIV kannte man fast keinen Unterschied mehr zwischen dem Dienste des Herrn des Himmels und der Erde, und des Herrn von Frankreich. Das Motto bezog sich auf beide. Der Ruhm des Königs diente ja blos zur Ehre Gottes.

Die Preise der Beredsamkeit haben meist allgemein religiöse oder sittliche Wahrheiten, auch Sätze aus der christlichen Klugheitslehre zum Gegenstande; wenn man aber einen Blick auf die Geschichte der Kirche in jenem Zeitraum wirft, so findet man nicht selten Beziehungen auf sie, und man sieht, daß die Akademie, die nach dem Grundsatze ihres Stifters der Dogmatik fremd bleiben sollte, sich doch nicht von allem Antheil an den politisch-religiösen Bewegungen Frankreichs frei zu erhalten wußte. Die poetischen Preisaufgaben veranlaßten eine Reihe panegyrischer Gelegenheitsgedichte, worin das Privat- und öffentliche Leben des Königs von den verschiedensten Seiten beleuchtet wurde. Auch das schöne Geschlecht sonnte sich am Ruhme des Königs; fünf Damen lieferten preiswürdige Gedichte. Der König erschien ihnen eben so groß als liebenswürdig. Seine Frömmigkeit, seine Rechtschaffenheit als Mensch neben seiner Größe als Monarch, sein Verdienst als glücklicher Familienvater, als Erzieher des Dauphin, die Gelassenheit, mit der er auch widerwärtige Ereignisse erträgt, seine ruhige Haltung, die ihn bei der rastlosesten Thätigkeit nicht verläßt, die Bescheidenheit, mit der er dem Lobe ausweicht, je mehr er Lob verdient, die Liebe seiner Völker, die ihn furchtbarer macht, als der Glanz seiner Waffen, die Huldigungen, die ihm fremde Nationen darbringen – alles Gegenstände für Preisaufgaben der Akademie. Was er für die katholische Religion that, wie er für die Erziehung seines Adels sorgte, welche Schlachten er gewann und wie er durch den Sieg nur noch friedlicher wurde, wie er die Wissenschaften beschützte, welche Ehre er der Akademie erwies, als er das Protektorat annahm – konnte nicht vergessen bleiben. Zu diesen Bestrebungen der Akademie, welche für das Zeitalter Ludwigs XIV charakteristisch sind, liefern die ersten Jahre nach seinem Tode noch einige Nachträge. Eine vierzigjährige Angewöhnung konnte man sich so leicht nicht abgewöhnen. Die Beredsamkeit sprach indessen jetzt schon nicht mehr von den Pflichten der Könige gegen Gott allein, sondern auch gegen die Menschen, sie fing bereits an auch auf dem nicht theologischen Standpunkte zu philosophiren, und so trat sie immer mehr aus der Dienstbarkeit heraus, zuerst in das Gebiet der Moral und Psychologie – und endlich in das Gebiet der eigentlichen Wissenschaft.

Auch die Huldigungen der Poesie, die früher persönlich gewesen waren, gingen allmählig auf die Wissenschaft über, die durch den Schutz ihres Helden geblüht hatte, deren Blüthe man ihm verdankte. Vom Jahre 1725–1744 finden wir zehen Aufgaben, welche die Fortschritte der Astronomie, der Malerei, der Bildhauerei, der Schifffahrt, des Ingenieurwesens, des komischen und des tragischen Theaters, der Musik, der Redekunst, die Vergrößerung der

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_073.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2020)