Seite:Das Ausland (1828) 066.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Das Ausland. 1,2.1828

Das Ausland.
Ein Tagblatt
für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker,
mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland.

Num. 15. 15. Januar 1828.

Kapitain Jones Reisen nach Norwegen, Schweden, Rußland und der Türkei.

(Travels in Norway, Sweden, Finland, Russia and Turkey, also on the Coast of the Sea of Azow, and of the Black Sea: with a Review of the Trade in those Seas, and of the System adopted to man the Fleets of the different Powers of Europe, compared with that of England. By George Mathew Jones, Captain R. N. 2. vols. London, Murray 1827.)

Ungeachtet eine Menge werthloser Details, historischer und geographischer Gemeinplätze, kurz die ganze unfruchtbare Breite des vorliegenden Werkes beweisen, wie wenig Capitain Jones der Aufgabe gewachsen war, welche er sich stellte, für die Kenntniß des gegenwärtigen Zustandes der von ihm bereisten Länder dasselbe zu leisten, was sein berühmter Landsmann Clarke vor einem Vierteljahrhundert gethan hatte; so ist es ihm doch gelungen, über manche Einzelheiten Aufklärungen zu gewinnen, die nur an Ort und Stelle einzuziehen waren.

1) Der große Kanal von Gothenburg nach Stockholm.

Besondere Aufmerksamkeit schenkt er den Fortschritten der Arbeiten an dem großen Kanale, welcher bestimmt ist, die Nord- und die Ostsee miteinander zu verbinden, indem er die ganze Breite Schwedens durchschneidet, von der Nähe Gothenburgs, durch den Wenern- und Wettern-See, bis zu einem, etwas südlich von Stockholm gelegenen Punkte der östlichen Küste. Die Vollendung dieses großartigen Werkes, das dem schwedischen Handel eine sichere Straße eröffnen, und die Nothwendigkeit der Fahrt durch den Sund aufheben soll, scheint ein Lieblingsgegenstand des gegenwärtigen Königs zu seyn. In Verbindung damit steht die Erbauung einer starken Festung zu Wanas, auf einer in den Wetternsee auslaufenden Halbinsel.

Bernadotte soll bei dem Plane dieser Festung seine ganze militärische Erfahrung und Kriegswissenschaft angewendet, und die besten schwedischen und norwegischen Offiziere zu der Ausführung desselben beigezogen haben. Die Festung soll eine Besatzung von fünftausend Mann aufnehmen, und unter ihren Wällen einem Lager von fünfzigtausend Mann Truppen aller Waffengattungen Schutz gewähren können. Es werden verschiedene Ursachen als Veranlassungen dieses Baues angeführt, namentlich daß er als Schutzpunkt theils für den Kanal, theils für den Fall eines Einfalls der Russen in das Königreich, von Finnland her, dienen soll. Doch fehlt es auch nicht an Leuten, welche sich nicht scheuen auszusprechen, der ganze Bau sey unternommen worden, um, bei einer Empörung gegen die jetzt herrschende Dynastie derselben zur Zuflucht und Vertheidigung zu dienen. Und wirklich kann man auch den letzten Grund nicht für unwahrscheinlich oder unverständig erklären, wenn man an die zahlreichen Beweise des unruhigen Geistes des schwedischen Adels unter jeder der bisherigen Regenten-Familien denkt. Der Kanal und die Festung haben zu einigen Differenzen zwischen dem Könige und den Ständen Veranlassung gegeben. Die letztern betrachten den Aufwand für viel größer als den daraus hervorgehenden Nutzen, während Se. Majestät die künftigen Vortheile die er in Hinsicht des Handels und der Sicherheit des Landes gewähren werde, für so bedeutend hält, daß dadurch die Kosten (jährlich 560,000 Reichsthaler) weit überwogen würden. Seit dem Beginn des Werks wurden schon 5,500,000 Reichsthaler darauf verwendet – gewiß eine ungeheure Summe für ein so armes Land. Auch soll man schon alle möglichen Verführungskünste haben anwenden müssen, um die Stände zu bewegen die nöthigen Summen zur Fortsetzung dieser Nationalunternehmung zu votiren. (Th. 1. S. 126. 127.)

Die Vergleichungen der eigenthümlichen Stellung der gegenwärtigen und der frühern Dynastie, in welche Capitain Jones eingeht, müssen wir hier übergehen. Er rühmt, in Uebereinstimmung mit allen frühern Reisenden, die vorsichtige Politik, die unparteiische Milde, und die umsichtige Klugheit der gegenwärtigen Regierung, und meint, die Freiheiten eines Volkes werden am meisten von einer Dynastie geachtet, welche keinen andern Anspruch auf die Regierung habe, als den ihr die freie Wahl und die dauernde Liebe der Nation verleihe – ein Satz den die Geschichte doch nicht immer bestätigen möchte. Sehr charakteristisch für den König scheint uns folgende Beschreibung einer Audienz, womit der Verfasser beehrt wurde.

(Fortsetzung folgt.)

Die französische Akademie.
(Fortsetzung.)

Schon die erste Einrichtung, welche die Akademie von Richelieu erhielt, erhob sie zu einem wichtigen politischen Körper, gab ihr Einfluß auf die Nation und sicherte ihre Fortdauer. Er bestimmte die Zahl der Mitglieder auf

Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_066.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)