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Das Ausland. 1,2.1828

Das Ausland.
Ein Tagblatt
für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker,
mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland.

Num. 14. 14. Januar 1828.

Die französische Akademie. [1]

Die französische Akademie ist bekanntlich eine Schöpfung des Kardinals Richelieu. Ihre Stiftungsurkunde ist von Ludwig XIII unterzeichnet, und vom Januar 1635 datirt. Die innere Organisation, durch welche sie – besonders seit Ludwig XIV im J. 1672 sie für sich und seine Nachfolger unter unmittelbaren königlichen Schutz gestellt hatte – im Laufe eines Jahrhunderts zu dem höchsten Grade von Ansehen und politischer Wichtigkeit gedieh, gab ihr Richelieu, dessen Statuten erst unter Ludwig XV (May 1752) einige weitere Bestimmungen erhielten. Diese wie alle anderen spätern Reglements änderten nichts in dem ursprünglichen Plan und Zweck der Gesellschaft. Mit vollem Rechte führt sie daher das Bild ihres Stifters und auf der Kehrseite den Lorbeerkranz mit der Inschrift: „à l’Immortalité“ im Siegel.

Der tiefe Geist Richelieu’s ersah die Akademie zu einem Werkzeug für die Größe Frankreichs. Ein Staat, der keinen andern Glanz, als den Glanz der Waffen, keine Tugend, als die kriegerische Tapferkeit, keine Kunst, als die Kunst Schlachten zu gewinnen, kennt; der seine Ansprüche auf Macht mehr von seiner physischen Kraft, als von der Ueberlegenheit der Intelligenz ableitet, kann sich, beseelt vom Hauche des Genie’s, wie es die Natur auch ohne Bildung zuweilen hervorbringt, zu einer augenblicklichen Größe erheben, wovon aber in Ermangelung des geistigen Prinzips bald wieder nichts übrig bleibt, als eine träge Masse, die sich nicht selbst bewegen kann; der Schwung, dagegen, welchen Kunst und Wissenschaft der menschlichen Gesellschaft geben, die reichen Hülfsquellen, welche diese in der Vervielfältigung, Ausbildung und zweckmäßigen Benützung geistiger und physischer Kräfte findet, können, nach ihrem Werthe beachtet, auch einem kleineren Staate ein Uebergewicht über den größern verschaffen, so wie ihre Nichtachtung den Verfall und endlichen Sturz des größten herbeiführen müssen. Die Urkunde Ludwig XIII erkennt es als eines der ruhmvollsten Zeichen des öffentlichen Wohls, wenn die Künste blühen, und die Wissenschaften so hoch geachtet sind, als die Waffen. Gewiß verdankt Frankreich die glänzende Stelle im europäischen Staatensysteme, die es seit zwei Jahrhunderten einnimmt, neben seinen kriegerischen Erfolgen zum großen Theile der geistigen Kultur, worin es lange Europa und der Welt vorgeleuchtet, worin auch jetzt noch kein anderer Staat es ihm zuvorgethan hat.

Ohne gerade den Satz unbedingt zu behaupten, daß nur dann die Wissenschaften aufkommen können, wenn sie von königlichen Akademien gepflegt werden, so trägt doch die politische Repräsentation, die ihnen durch diese zu Theil wird, sehr wesentlich dazu bei, daß ihr Verdienst geachtet und ihre Resultate unmittelbaren Einfluß auf’s Leben gewinnen; wenn man davon gar nicht reden will, daß umfassendere Forschungen in manchen Gebieten nur durch Zusammenwirken großer Vereine und das Mitwirken der Macht, der die bedeutendsten Mittel zu Gebote stehen, möglich werden. – Als die französische Literatur in Sachen des guten Geschmacks eine europäische Diktatur errang, war es zwar nicht ausschließlich die Akademie, von der diese gewaltige und folgenreiche Wirkung ausging; denn viele der ausgezeichneten Literatoren waren keine Akademiker, viele wünschten es nie zu werden – aber der Hauptgrund dieser auffallenden Erscheinung lag ohne Zweifel entweder unmittelbar in der Akademie und in ihrer Achtung gebietenden Stellung im Staate, die einer Seits jeden Ehrgeiz der Gelehrten zu befriedigen, anderer Seits nur großen und anerkannten Verdiensten zu huldigen schien, oder er lag in dem umfassenden Verstande der französischen Staatskunst, welche den Werth geistiger Eroberungen richtig zu schätzen wußte. Mit der Pflege und Aufmunterung, die man den Wissenschaften und schönen Künsten in Frankreich selbst angedeihen ließ, verband sich das Bestreben, der französischen Sprache und Literatur auch außerhalb Frankreich Anerkennung zu verschaffen.

Wahrlich, jene Pensionen Ludwigs XIV, womit auch er eben nicht zu freigebig war, haben sich gut verzinst; indem sie dazu beitrugen, Frankreich zum ersten Staate der Welt, Paris zur Hauptstadt Europa’s zu machen.

(Fortsetzung folgt.)

Betrachtungen über die financielle Lage Englands.


(Fortsetzung.)

Das Monopol des Bauholzes, welches die Kaufleute und Schiffseigenthümer in Canada genießen, kommt dem


  1. Atlas historique et chronologique des literatures anciennes et modernes, des sciences et des beaux arts, d’apres la méthode et sur le plan de l’atlas de A. Lesage et propre à informer le complément de cet ouvrage, par A. Jarry de Mancy. I. Livraison.
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_062.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)