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Das Ausland. 1,2.1828

sag deinem Herrn, daß Eblis [1] die Osmanlis gerächt, hat, und daß Sultan Mahmud bald im Atmeidan zehntausend Ohren der Rebellen gewahren wird.

     Abrun (neigt sich nach Osten). Gelobt sey Gott und Mahommed, sein Prophet! Reich mir mein Scherbet!

     Jussuf. Ja, Gebieter, - ach, Gebieter, das Mädchen, sie hat schwarze Aeuglein wie Monkir, [2] hast ihr gegeben deinen Kaschmirturban, auch gekommen.

     Abrun (mit Feuer): Flora! Sprich Jussuf, wo ist sie?

     Jussuf. Gesagt, du schlafen, sie weggehen.

     Abrun. (steht auf) Wie, Hund! du hast sie fortgejagt, wie eine stechende Mücke…du verdienst (will ihn schlagen) -

     Jussuf. (wirft sich zu Boden) O Herr, Herr, Verzeihung. Ich nicht wagen, dich aufwecken.

     Abrun. Ich schlafe nie für das schöne Geschlecht ... Flora! .. der Reiz deiner Augen! .. ich, der ich von der Pforte des Jannat el Eden, der seligen Stätte der Ewigkeit, zurückkehren würde zu ihr! Verruchter Mohr, fort mit dir!

     Jussuf. Gebieter, höre die Klingel. Jussuf die Thüre aufmachen.

     Abrun. Eile! Wenn sie es wäre! Diese Töchter der Franken sind so viel werth, als alle die des Orients zusammen. Abrun gäbe eines seiner Augenlieder, zwei dieser Ungläubigen mit sich heim nehmen zu dürfen.

     Der Marquis Alibey. Gruß dem weisen Abrun, dem rechten Ohre unsers hohen Pascha!

     Abrun. Du begnügst dich mit dem linken, Christ; es genügt dir, um ihm den Kopf herum zu drehen. Was hast du zum Besten seiner Hohheit gethan?

     Marquis. Mehr, als du denkst. Man bewilligt mir zwanzig Offiziere, Kanonen, drei Fregatten; man kauft für uns zu Nantes zwei Negerschiffe, weißes Fleisch wird das schwarze ersetzen. Wo das Kameel durchkömmt, kömmt auch das Dromedar durch, wie Eure Araber von Darfur sagen.

     Abrun. Ich bewundere Dich, Ali. Ein Wahabite ist kein größerer Todfeind des Pilgers von Mecca, als du gegen deine Brüder.

     Marquis. Ich liebe den Ruhm und das Geld. Der Pascha bezahlt mich reichlich und man spricht von mir in ganz Frankreich.

     Abrun. Aber wie?

     Marquis. Du kennst meine Nation nicht, Abrun; sie gleicht allen andern. Du warst Befehlshaber in Rumelien, wo die Familien, zu arm, sich Beschützer unter den Spahis zu erkaufen, nach dem Pangäus und Hämus fliehen, dort die Heerden zu hüten. Jedermann vergißt sie.

     Abrun Nur die Kadis nicht, welche ihnen bis in Ihre Höhlen nacheilen, ihnen den letzten-Dinar wegzunehmen.

     Marquis Und dann?

     Abrun. Rauben sie ihrerseits, unter dem Schutze irgend eines Aga, und oft kommen sie reicher zurück, als die, welchen sie ihre Habe überließen.

     Marquis. Und dann ehrt man sie, rühmt ihre Geschicklichkeit, ihren Muth, und da sie der Pforte einen großen Karatsch zahlen, regnen Ehrenstellen auf sie.

     Abrun. Beim Allah! Wozu alles das?

     Marquis. Geld ist das Alysari, das allen Farben die seinige giebt. Der reiche Türkenfreund wird in den Sälen der Großen besser empfangen werden, als der dürftige Philhellene; wenn Griechenland einmal unterworfen ist und ich nach Paris zurückkomme, ein Landgut kaufe und Kandidat werde, sollst du sehen, wie viel Freunde die Stütze des Halbmonds unter unsern Frommen zählt.

     Abrun. Ich freue mich, Ali, für dich; du kannst Minister der Franken werden wenn dich nicht unser gnädiger Herr, Ali Mohammed, eines Tages - spießen läßt.

(Das Gespräch dauert noch weiter fort und dem Marquis werden hundert Beutel versprochen. Madame läßt sich ammelden.)

     Jussuf. Er ist zu Hause, schläft nicht, immer aufgeweckt. Nur herein.

     Eine der Damen. Himmel! ein Türke!

     Abrun. Tritt näher, Engel der Schönheit! der arme Muselmann ist glücklich, dich hier zu sehen.

     Madame. Ich muß gestehen, wir erwarteten nicht, einen Mann von Ihrer Nation hier zu sehen. Man hatte uns von einem reichen, großmüthigen Fremden gesprochen. Kurz, mein Herr, wenn ich Ihnen Alles sagen muß, nehmen Sie nicht übel, wir haben den Auftrag - für die Griechen zu sammeln.

     Abrun. (mit ernster Stimme) Ihre Verlegenheit wundert mich nicht mehr, meine Damen, aber Sie sollen nicht sagen, daß Ebn Abu Abrun nicht barmherzig sey. Meine Nation bekämpft die rebellischen Griechen, aber in Morea; hier kann ich dieselben, wie Sie, beklagen; (reicht ihnen eine Börse) Es steht geschrieben: Der wahre Gläubige wird allen geben, welche bedürfen.

     Madame (lächelnd) Genehmigen Sie unsern Dank und den des Comités. Wir haben keine Hülfe gefunden, wo wir sie erwarten sollten, aber ich sehe, die Menschlichkeit ist bei keinem Glauben ausgeschlossen. Ein Almosensammeln wie dieses, ist lehrreicher, als ein philosophisches Buch.

     Abrun. (legt sich auf seinen Divan) Ich hätte den letzten Diamanten meines Handschars [3] gegeben, die Ungläubige zu besitzen.

     Die beiden Damen (im Weggehen) Ein liebenswürdiger Türke!

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_057.jpg&oldid=- (Version vom 16.2.2023)
  1. Der Todesengel
  2. Engel der Nacht
  3. Türkischer Dolch.