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Das Ausland. 1,2.1828

aber das ist auch alles. Die Hauptausgabe in diesem Zweige der Verwaltung ist die Besoldung der Unterbeamten, und wenn bei diesen ja eine Veränderung im Gehalte vorgenommen werden soll, so müssen sie eine Zulage erhalten, und nicht noch schlechter besoldet werden.

Eine bedeutende Ersparniß ließe sich allerdings bei der Armee machen, die jetzt jährlich gegen 8 Millionen kostet. Indessen würde dies nur dadurch bewerkstelligt werden können, daß wir nach und nach unsere Truppen aus den Kolonien zurückzögen; denn von dem Militär, welches den Friedensfuß von Großbritannien und Irland ausmacht, möchte wenig zu entbehren seyn. Ein sehr großer Theil der Bevölkerung von England lebt vom Manufacturwesen und kann sehr leicht seine Arbeit verlieren, in welchem Fall er der größten Noth ausgesetzt seyn würde. Unter diesen Umständen ist eine große militärische Macht nothwendig, um die öffentliche Ruhe zu erhalten, und den begüterten Bürgern die nöthige Sicherheit des Eigenthums zu gewähren. Wären die Truppen beim Ausbruch der Unruhen in Manchester im Frühjahr 1826 nicht so thätig gewesen, so hätte ein ganz unberechenbarer Schade angerichtet werden können; und zweifelte man erst im Auslande daran, ob die Regierung auch Macht genug habe, die Sicherheit des Eigenthums zu garantiren, so wäre es um unsere Uebermacht als Fabrik- und Manufacturstaat geschehen, und Gewerbe und Wohlstand von Großbritannien würden bald das Eigenthum anderer Völker werden. Wir wissen sehr wohl, daß man behauptet hat, die Linientruppen ließen sich durch eine vermehrte Anzahl von Landsoldaten (yeomen) ersetzen, die für die Sicherheit eben so wirksam und bei weitem wohlfeiler wären. Aber gegen diesen Vorschlag lassen sich sehr erhebliche Einwendungen machen. Ein wohldisciplinirter Soldat ist ohne Vergleich besser zur Erhaltung der Ruhe zu gebrauchen, als dieser Landsoldat. Ersterer thut, was ihm befohlen wird, und nicht mehr: er ist weder Whig, noch Tory, noch Radicaler, er hat keine politischen oder religiösen Ketzereien zu betrafen und fröhnt keiner Parthei. Ein Landsoldat hingegen ist mehr als zur Hälfte Bürger, und theilt als solcher alle Vorurtheile der Landschaft oder der Klasse, zu welcher er gehört. Wenn ein Corps solcher Leute gebraucht wird, um Unruhen zu stillen, so ist die Gesellschaft in verschiedene Partheien getheilt; Nachbar steht gegen Nachbar, Verwandter gegen Verwandten, und die Ruhestifter selbst müssen Parthei nehmen. Anstatt also durch Anwendung dieser Art von Gewalt die Ruhe herzustellen, wird der Aufruhr nur noch bedenklicher. Eine der ersten Maßregeln, die Lord Cornwallis ergriff, als ihm die Regierung in Irland während der Rebellion übertragen ward, bestand darin, daß er die Landsoldaten von der Armee trennte und auseinander gehen ließ; und jeder, der die Geschichte dieser unglücklichen Zeit nur einigermaßen kennt, weiß, daß diese Maaßregel die beste Wirkung that, und vielleicht mehr als alles andere zur Beendigung dieses verheerenden Krieges beitrug. Hätte man zu Manchester an dem berüchtigten 10 August 1819 reguläre Truppen gebraucht, so würde wahrscheinlich gar kein Blut geflossen seyn, und auf jeden Fall würden die Partheien sich weit weniger erhitzt haben. Wir protestiren daher gegen jeden Versuch, die Linientruppen gegen Landsoldaten zu vertauschen. Es scheint uns im Gegentheil sowohl in Rücksicht auf die Sicherheit, als in Rücksicht auf Sparsamkeit, eine gesunde Politik zu verlangen, daß man den größten Theil der jetzt bestehenden Landsoldatencorps auflöst: aber mit Zuversicht hoffen wir, daß man durch keine offenen oder heimlichen Operationen es bewirken wird, ihre Zahl auf Kosten der Linientruppen zu vermehren.[1]

Wir sind nicht genug vom Stande der Dinge in Kenntniß gesetzt, um sagen zu können, ob sich in den Nebenausgaben für die Landmacht etwas ersparen ließe, aber soviel ist gewiß, daß sich am Solde der Soldaten und Officiere nichts abziehen läßt. Auf jeden Fall hat das Land das Recht zu erwarten, daß man hier jede Ersparung eintreten lasse, die die Armee nicht in ihrer Wirksamkeit hindert.

Was den zweiten Zweig der öffentlichen Ausgaben betrifft, der vielleicht einen Abzug erleiden könnte, so wäre dieß die Seemacht. Wir müssen aber bekennen, daß man hier unserer Meinung nach schon so große Einschränkungen gemacht hat, als mit der äußern Sicherheit bestehen können. Die Fortdauer des gehässigen und empörenden Systems Matrosen zu pressen, ist jetzt der größte Mangel in diesem Zweige der Staatsverwaltung.

Nun wäre es aber höchst ungerecht, zu gleicher Zeit gegen diesen Mißbrauch und gegen die Kosten, welche eine starke Seemacht auch in Friedenszeiten verursacht, sprechen zu wollen. Wenn man während des Friedens nicht hinreichend Seeleute auf den Kriegsschiffen hält, so muß man sie beim Ausbruch eines Kriegs nothwendig pressen. Dieser Mißbrauch erhält sich nicht, weil der Admiralitätsrath eine besondere Lust an Menschenraub findet, sondern weil John Bull zwar gern mit seiner Menschenliebe prahlt, aber doch lieber dergleichen Ungerechtigkeiten duldet, als sich von seinem Gelde trennt. Indessen ist uns von Leuten, die diese Verhältnisse genau kennen, versichert worden, daß bei dem Dockenwesen u. s. w. Ersparungen vorgenommen werden könnten, die es möglich machten 10,000 Seeleute mehr zu halten, ohne daß die Staatsausgaben deshalb vermehrt würden. Daher steht zu hoffen, daß unsere Seemacht stark genug ist, in allen außerordentlichen Fällen, die in jetziger Zeit nur irgend denkbar sind, ausreichen zu können, ohne die Regierung zu jener barbarischen Gewaltthat zu zwingen.

Was drittens die Ersparnisse bei der Artillerie und den verschiedenen Ausgaben dieses Zweigs der Verwaltung betrifft, so müssen wir gestehen, daß wir hier nicht im Stande sind, uns eine gründliche Meinung zu bilden. Daß sich

  1. Der Verfasser hat sich in diesem Puncte nicht getäuscht, denn nach einer Verordnung vom 5. Dec. sollen die Landreuter (yeomanry cavalry) mit dem 24. Dec. 1827 aufhören zu existiren; jedoch nur in den Distrikten, in welchen man in den letzten 10 Jahren selten oder nie ihrer Hülfe bedurft hätte. S. Times vom 6. Dec. 1827.
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_054.jpg&oldid=- (Version vom 15.12.2022)