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Das Ausland. 1,2.1828


des Handels auf dieser Seite von Afrika, alles aufböten, um es zu verhindern. Ein trauriger Fall von ganz neuem Datum beurkundet den tückischen und verstockten Haß dieser furchtbaren Menschen. Eine zweite Linie von Tripoli nach Tombuktu[1] ist zwar von den Mauren mehr entfernt, aber doch noch unter ihrem Einfluß; der Major Gordon Laing hat sie nicht ohne Gefahr bereist. Die dritte und längste, von Tripoli nach Bornu, hat der unglückliche Ritchie und sein Reisegefährte eingeschlagen, es gelang ihnen aber nicht, über Fezzan hinaus zu kommen. Den drei im Eingang genannten Reisenden war es vorbehalten, diese große Aufgabe in ihrem ganzen Umfange zu lösen. Nach einer Reise von 120 Tagen langten sie an den Grenzen der Niederung von Sudan an.

Schon zur Zeit des französischen Feldzuges in Aegypten hatte Friedrich Hornemann Morzuk einen Punkt auf derselben Linie erreicht. Er kam von dem Lande her, das bei seiner Lage auf der Grenze beider Kontinente gleichfalls Gelegenheit darbietet, in’s Innere einzudringen, so wie es seit undenklichen Zeiten die Erzeugnisse des Bodens und des Kunstfleißes der Völker des Nilthals gegen das Gold und Elfenbein Sudan’s austauscht, aus Aegypten, der ersten Quelle der Kenntnisse, welche Griechen und Römer über das innere Afrika besaßen, aus diesem Aegypten, welches, um das Joch der Barbarei abzuschütteln, Frankreich um die Wohlthat der Civilisation fleht, und seine dankbaren Söhne sendet, damit ihnen hier die Weihe der Wissenschaften und der Künste des Friedens werde.

Das Haupt der Armee des Orients und das Institut von Aegypten erkannten den Vortheil ihrer Lage für geographische Entdeckungen; wenn es das Schicksal der Waffen gewollt, so hätte Frankreich zuerst auf diesem Wege die wahren Quellen des Nils entdeckt; Franzosen wären zuerst zu dem großen innern See gedrungen, und das Problem des Laufes der innern Ströme wäre gelöst gewesen. Gleichwohl versagte die französische Armee Hornemann, dem Abgesandten Englands, Schutz und Hülfe nicht. Die Erfolge Brown’s in Dârfur hatten schon gezeigt, was man auf dem ägyptischen Wege zu erwarten hatte, und was ein einzelner Reisender, wenn er große Charakterstärke besitzt, leisten kann. Andere Forscher folgten den Spuren ihrer Vorgänger, und giengen wie sie zu Grunde, als Opfer des Entdeckungseifers. Aber ihre Mühe und ihr Beispiel ging nicht verloren: so dienen die Klippen, woran ein Seefahrer gescheitert ist, einem folgenden zur Warnung; so dienen die traurigen halbvergrabenen Karavanenreste dem Reisenden zu Wegweisern durch die Sandwüste.

(Fortsetzung folgt.)

Mémoires de Madame Campestre etc. – Mémoires d’une Contemporaine etc. – Johanes Wit, genannt Döring. Fragmente etc.

(Fortsetzung)

Frau von Campestre sagt von sich selbst: „Ich habe mehr Einbildungskraft als Vernunft: seit meiner frühesten Jugend war ich mir selbst überlassen und fand nie einen Mentor. Ohne Führer und ohne Kompaß in die Welt geworfen, war es mir schwer durch ihre Gefahren mich hindurch zu winden. Die Gesellschaft ist voll von Intriguen, und zum Unglück sind die Intriganten geistreich, fein, und geschickte Verführer zutraulicher Menschen. Ich suchte wahre Freunde, und wurde fast immer betrogen.“ – Sie schreibt jetzt aus dem Gefängnisse, in welches die Pariser Zuchtpolizei sie, das Verbrechen der Gaunerei (escroquerie) zu büßen, verurtheilt hat. Ihre Unschuld zu beweisen, gibt sie Denkwürdigkeiten heraus und läßt, als Anhang, die Vertheidigungsschrift ihres Advokaten, Herrn Moret, abdrucken; – letztere ist, beiläufig gesagt, ein Muster zugleich bitterer und urbaner Satire gegen die Sitten vornehmer Welt. – Soweit nach diesen Memoiren und nach dem Plädoyer geurtheilt werden kann, scheint in der That die Dame von dem Tribunal zu hart behandelt zu seyn. Die Unerfahrenheit einer jungen, schönen, frühzeitig sich selbst oder dem Zufalle überlassenen Frau, stürzte sie in den Strudel einer Gesellschaft, die unter den äußern Formen der guten, wenigstens der vornehmen Erziehung, die ganze Gemeinheit des Pöbels im Reiche der Sittlichkeit zu vereinigen gewohnt war. Man wird geneigt die Dame zu entschuldigen, wenn sie in diesem Strome des Verderbnisses sich nicht schwimmend zu erhalten wußte. Ueberall wenigstens, wo sie tadelnswerth erscheint, bieten sich Milderungsgründe der Strafbarkeit dar. Es ist wahr, sie ließ sich bisweilen in Spionen-Intriguen verwickeln; diese waren aber zum Vortheil der Legitimität angelegt, und Andere wurden für ähnliche Großthaten mit Würden und Ehrenzeichen überhäuft. Es ist wahr, die Dame empfing Geld, wenn durch Betriebsamkeit und Bekanntschaft ihr gelang, die Einwilligung der Minister bei Stellenbesetzungen, Liquidationen, Unternehmungen etc. zu erhalten; aber dieses Geld wurde größtentheils von Mitgliedern der hohen und höchsten Gesellschaft eingestrichen, welche sich der Frau von Campestre als Unterhändlerin bedient hatten, – und keineswegs gestraft wurden. – Es ist wahr, sie gewann im Börsenspiel große Summen dadurch, daß sie gewisse diplomatische Geheimnisse früher erfuhr, als die gemeinen Börsenspieler; aber diese Geheimnisse wurden ihr von Ministern oder andern Staatsbeamten, vorzüglich von einem edlen Herzog mitgetheilt, und sie mußte den Gewinn mit den Herren abrechnen. So geht aus dem Ganzen hervor, was auch ihr Anwald auf das Lichtvollste nachgewiesen hat, daß sie mehr ein Werkzeug in höhern Händen war, als durch Spontaneität sich dem Bösen verkauft hatte. Und doch traf nur sie die Strenge der Gerichte.

Frau von Campestre besaß eine wundersame Leidenschaft, andere Menschen zu verbinden; sie konnte keinem auch nur


  1. Dieser Weg ist in einem Reise-Journale von 81 Tagen beschrieben, dessen Kenntniß man dem französischen Consul in Tanger, Delaporte, verdankt.
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_017.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)