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am 4. und 5. Juni 1869 auf der Maas bei Lüttich angestellten Schiffszugsproben, an denen sich, über Einladung der vorgedachten, seit November 1867 von der belgischen Regierung concessionirten Sociéte anonyme de Touage in Lüttich (beziehungsweise der Société centrale de Touage in Brüssel), die Delegierten von England, Frankreich, Rußland, Preußen, Sachsen, Württemberg, Holland, Belgien etc., dann die Vertreter der Ketten-Remorqueur-Gesellschaften an der Elbe und Donau, sowie zahlreiche andere deutsche, französische und englische Ingenieure, inclusive des von der österreichischen Regierung entsendeten Berichterstatters, betheiligten.

Die Drahtseilschiffzugs-Experimente auf der Maas zwischen Lüttich und Ramur.

Behufs der näheren Beleuchtung dieser Proben, so wie der bei Gelegenheit derselben den Anwesenden von Seite der Touage - Directoren in zuvorkommendster Weise ertheilten Aufschlüsse muß vor Allem des Flusses selbst, auf welchem der Schiffszug ausgeübt wird, mit einigen Worten gedacht werden.

Die Maas (Meuse) ist in der 70 Kilometer (91/4 Meilen) langen Strecke zwischen Lüttich und Ramur bei normalem Stande etwa 50 Klafter breit und 6 Fuß tief, und hat ein beträchtliches Gefälle. Da dieses den gewöhnlichen Schiffsgegenzug mit Pferden sehr erschweren würde, der Schifffahrtsverkehr aber fast ausschließlich, von den reichen Industrie- und Kohlenbezirken aus, stromaufwärts stattfindet, also auf den Gegenzug angewiesen ist, so wurde eine Reihe von Wehren in den Fluß eingebaut, welche das Wasser vor sich etwa je 5 Fuß aufstauen, und auf diese Weise den Wasserspiegel der Flußlänge nach treppenförmig abstufen. Dieselben sind bewegliche, u. z. sogenannte Nadelwehren, bei denen der Aufstau blos durch eine Holzwand aus nahezu vertical neben einander gestellten, sich an eiserne Stützen lehnenden Latten oder Nabeln bewirkt wird und durch das Ausheben dieser letzteren wieder beseitigt werden kann.

Neben jedem Wehr ist an der linken Uferseite eine Schifffahrtskammerschleuse angelegt, durch deren Vermittlung die vorbeipassirenden Schiffe über den betreffenden Absatz hinweggeführt, respective aus der tieferen Haltung in die höhere gehoben oder aus dieser in die erstere gesenkt werden.

Solche mit Schleusen verbundene Wehre bestehen von Lüttich bis Ramur eilf, und es wird durch sie die Maas gewissermaßen in einen Schifffahrtscanal verwandelt, wobei jedoch — abweichend von der Einrichtung eigentlicher derartiger Canäle — der Wasserspiegel zwischen je zwei Schleusen nicht ganz horizontal ist, sondern noch einen gewissen Fall beibehält. Allerdings ist dieser, so wie die durch ihn bedingte Strömung nicht bedeutend, so daß man auch abwärts fahrende Schiffe häufig von Pferden ziehen läßt; dagegen werden im Winter die Wehre in der Regel wieder beseitigt und es tritt alsdann wieder die ursprüngliche Flußgeschwindigkeit ein.

Die Ufer sind zwar längs der größeren Ortschaften befestigt, außerhalb der letzteren finden sich aber auch längere Flußstrecken in irregulärem Zustande und an manchen Stellen selbst beträchtliche Flußkrümmungen vor. In das so gestaltete Flußbett ist das Eisendrahtseil für den Schiffszug versenkt, wobei nur dessen Endpunkte bei Lüttich und Ramur in den Ufermauern verankert sind, während es in den übrigen Theilen auf der Sohle des Flusses frei aufliegt.

Um den Durchgang des Seiles durch die Schleusen zu ermöglichen, sind die Schlagsäulen der Stemmthore an ihrem unteren Ende etwas ausgeschnitten und es bilden die beiden seitlichen Ausschnitte, wenn die Thore geschlossen sind, zusammen