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war im Stande, eines dieser Insecten dazu zu bringen, ihm zu antworten, dadurch dass er mit einer Feder auf einer Feile rieb.[1] In beiden Geschlechtern ist von von Siebold ein merkwürdiger Gehörapparat entdeckt worden, welcher in den Vorderschienen seinen Sitz hat.[2]

Fig. 11. Gryllus campestris (nach Landois). Die Figur rechts stellt die untere Seite eines Stücks der Schrillader dar, bedeutend vergrössert und die Zähne (st) zeigend.
Die Figur links ist die obere Fläche der Flügeldecke mit den vorspringenden glatten Adern (r), gegen welche die Zähne (st) gerieben werden.

In den drei Familien werden die Geräusche auf verschiedene Weise hervorgebracht. Bei den Männchen der Achetiden besitzen beide Flügeldecken dieselbe Bildung, und diese besteht bei der Feldgrille (Gryllus campestris Fig. 11), wie es Landois beschrieben hat,[3] aus 131 bis 138 scharfen Querleisten oder Zähnen (st) auf der unteren Seite einer der Adern der Flügeldecken. Diese gezahnte Ader (Schrillader Landois) wird mit grosser Schnelligkeit quer über eine vorspringende glatte harte Ader (r) auf der oberen Fläche des entgegengesetzten Flügels gerieben. Zuerst wird ein Flügel über den andern gerieben und dann wird die Bewegung umgekehrt. Beide Flügel werden zu derselben Zeit etwas in die Höhe gehoben, um die Resonanz zu verstärken. In einigen Species sind die Flügeldecken an ihrer Basis mit einer glimmerartigen Platte versehen.[4] Ich habe hier nebenstehend eine Zeichnung (Fig. 12) der Zähne von der unteren Seite der Aderung einer andern Species von Gryllus, nämlich von G. domesticus, gegeben. Was die Bildung dieser Zähne betrifft, so hat Dr. Gruber gezeigt,[5] dass sie mit Hülfe der Zuchtwahl sich aus den äusserst kleinen Schuppen und Haaren entwickelt haben, mit denen die Flügel und der Körper bedeckt sind; ich kam in Bezug auf diejenigen der Coleoptern zu demselben Schlusse. Dr. Gruber zeigt aber ferner, dass ihre Entwickelung


  1. Proceed. Boston Soc. of Natur. History. Vol. XI. April 1868.
  2. Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. Bd. I. 1848, S. 583.
  3. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. 17. 1867, S. 117.
  4. Westwood, Modern Classification of Insects. Vol. I. p. 440.
  5. Ueber den Tonapparat der Locustiden, ein Beitrag zum Darwinismus, in: Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. Bd. 22. 1872, p. 100.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/386&oldid=- (Version vom 31.7.2018)