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Zweites Kapitel.
In welchem Stoffe sich die geschmückte Volksberedsamkeit gezieme.


Nachdem wir gezeigt haben, daß nicht alle Versemacher, sondern nur die ausgezeichnetsten, sich der erlauchten Volkssprache bedienen dürfen, folgt nun zu zeigen, ob Alles darin zu behandeln sei oder nicht; und wenn nicht Alles, zu zeigen, was derselben gesonderterweise würdig sei. Hiebei ist zuerst ausfindig zu machen, was wir darunter verstehen, wenn wir sagen, daß diejenige Sache würdig sei, welche Würdigkeit hat, sowie Das edel ist, was Adel hat, und so, wenn man das Gewöhnende erkannt hat, erkennt man das Gewohnte, soweit es dessen ist; daher, wenn wir die Würdigkeit erkannt haben, werden wir auch das Würdige erkennen. Nun ist Würdigkeit der Verdienste Wirkung oder Ziel; wie wenn sich Jemand gut verdient gemacht hat, so sagen wir, daß er zur Würdigkeit des Guten gekommen sei; wenn aber übel, zur Würdigkeit des Uebeln, nämlich Einer, der gut gekämpft hat, zur Würdigkeit des Sieges; Einer, der wohl regiert hat, zur Würdigkeit der Regierung; eben so der Lügenhafte zur Würdigkeit der Scham, und der Räuber zur Würdigkeit des Todes. Aber da bei den Wohlverdienten Vergleichungen stattfinden, sowie in andern Dingen, sodaß Einige wohl, Einige besser, Einige am besten, Einige schlecht, Einige schlechter, Einige am schlechtesten sich verdient machen, und dergleichen Vergleichungen nicht stattfinden als mit Hinsicht auf das Ziel der Verdienste, welches wir Würdigkeit nennen, wie gesagt ist, so ist offenbar, daß die Würdigkeiten unter sich verglichen werden nach dem mehr oder weniger, sodaß einige groß, einige größer, einige am größten sind, und folglich ein

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Dante Alighieri: Dante Alighieri’s prosaische Schriften II. F. A. Brockhaus, Leipzig 1845, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_Prosa_131.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)