Des Adlers Christi, ja, ich sah, wohin[1]
Er mich gelenkt zum weiteren Bekennen.
Hinlenkt zu Gott, erzeugt hat’s im Vereine
Die Lieb’, in welcher ich entzündet bin.
Und durch den Tod deß, der mich leben macht,
Durch das, was hofft die gläubige Gemeine,
Bin ich dem Meer der falschen Lieb’ entgangen
Und an der echten Liebe Strand gebracht.
Des ew’gen Gärtners, liebe ich so sehr,
Als Gutes sie aus seiner Hand empfangen.““
Hört’ ich der Herrin Sang und Aller klingen,
Erschallend: Heilig, heilig, heilig Er! –
Beim scharfen Licht, das unsre Sehkraft weckt,
Wenn uns von Haut zu Haut die Strahlen dringen,[2]
Der sich noch nicht besinnt, vom Schlafe trunken,
Bis der Verstand die Wahrheit ihm entdeckt:
Vor Beatricens Strahlenangesicht,
Auf tausend Meilen streuend Glanzesfunken.
Und fragte staunend noch und kaum besonnen,
Nach einem vierten uns gesellten Licht.
- ↑ [53. Der Adler Christi – Johannes.]
- ↑ [72. Von Haut zu Haut, wörtlich: von Hülle zu Hülle, nämlich des Auges.]
- ↑ 76. Die Wiedererlangung des Augenlichts an diesem Orte ist wohl eben so wenig zufällig, als die plötzliche Erblindung am Schlusse des vorigen Gesanges. Von dem Zufälligen und Unwesentlichen hat er den Geist zurückgewandt zu dem, was noth thut, und erträgt nun nicht nur den erhöhten Schimmer Beatricens, sondern erhält sogar durch ihn die verlorene Sehkraft wieder.
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 558. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_558.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)