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88
Leg’ seiner Huld getrost dich in den Schooß!

Indem er Arme reich macht, arm die Reichen,
Wird er verwandeln vieler Menschen Loos.[1]

91
Und dies noch laß nicht aus dem Sinn dir weichen

Von ihm – doch schweig’!“ Dann sagt’ er Dinge mir,
Die dem selbst, der sie sah, noch Wundern gleichen.

94
„Sohn,“ also sprach er weiter, „siehe hier,

Zu dem, was dir verkündet ward, die Glossen.[2]
Schon droht man aus dem Hinterhalte dir.

97
Doch nicht beneide deine Landsgenossen,

Denn lang, bevor du sinkst in’s dunkle Grab,
Ist dem Verrath gerechte Rach’ entsprossen.“

100
Hier brach die heil’ge Seel’ ihr Reden ab,

Und hatte das Gewebe ganz vollendet,
Wozu ich fragend ihr den Aufzug gab.

103
Und wie man zweifelnd sich an Jemand wendet,

Der innig liebt und Rechtes will, und sieht
Nach gutem Rath – so ich, als er geendet:


  1. [90. Aus allem Bisherigen geht genugsam hervor, daß die Abtragung einer persönlichen Dankesschuld für Empfangenes die Hauptabsicht dieser Stelle ist und die Zeichnung von Can’s Privatcharakter im Vordergrund steht. Wenn nichtsdestoweniger die Verse 91 und 92, in denen wir ebenfalls die wörtlichere Uebersetzung hergestellt haben, auf politische Thaten oder auch blos Entwürfe von ihm (di lui) anzuspielen scheinen, von denen Dante Kunde leicht erhalten, so bieten dagegen Vers 93 und 94 gar keinen klaren Anhaltspunkt darüber, was der Dichter sich darunter denke; und wir kommen damit auf unsre zu Fegf. 33, 45 ausgesprochene Ansicht über die Person des Dante’schen Erretters in dieser und den andern Stellen zurück. Daß der Dichter den Can hier in eine Beziehung zu den künftigen, politischen Wunderdingen bringe, dahin ist allerdings der Schluß unsrer dortigen Bemerkung über die vorliegende Stelle zu ergänzen. Aber bestehen bleibt die Frage: in wie weit dies geschehn? und das Bedenken, ob Dante vollends jetzt noch (vorausgesetzt, daß unsre Stelle und Fgf. 33 doch zeitlich mehr oder weniger auseinanderliegen) den Can zur Hauptperson so großer politischer Umwälzungen habe machen können.]
  2. [95 ff. Die Glossen – zu den, zu V. 1 genannten, früheren Weissagungen. Die Stelle ist also eine, auf V. 19 ff. und 52 ff. zurückgehende Recapitulation. „Die Verbannung naht – aber auch gewiß die Rache noch zu deinen Lebzeiten.“ Und in der That nahmen Zwistigkeiten und Bürgerkriege in Florenz, nach D.’s Verbannung wenigstens keineswegs ab.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 503. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_503.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)