Von Beatricen trennt dich diese Wand!“
Da’s: Thisbe! klang, gekehrt zum theuren Bild,
Als blut’ges Roth die Maulbeer’ übergossen;
Zum Führer mich, sobald der Nam’ erschollen,
Der ewig frisch in meinem Herzen quillt.
Wir diesseits bleiben?“ lächelnd, denn ich that
Wie Knaben, die, besiegt vom Apfel, wollen.
Den Statius, uns folgend nachzukommen,
Der uns vorher getrennt den langen Pfad.
Mich in geschmolz’nes Glas gestürzt, so war
Im höchsten Uebermaß die Flamm’ entglommen.
Sprechend von Ihr, und half mir weiter dringen,
Und sprach: „Ich seh im Geist ihr Augenpaar!“
Und dieser folgten wir, ihr horchend, nach,
Indem wir, wo man stieg, der Flamm’ entgingen.[3]
Die Stimm’ aus einem Licht, dort aufgegangen,
Bei dessen Anschau’n mir das Auge brach.
Die Töne fort – „nicht weilt, beeilt den Lauf,
Bevor den Westen dunkles Grau umfangen.“
- ↑ 37. Pyramus, im Wahn, daß die Geliebte vom Löwen verschlungen sei, durchstieß sich mit seinem Dolche. Aber Thisbe hatte sich gerettet und kehrte zurück als ihr Geliebter im Sterben lag. Beim Laute ihres Namens, den sie verzweifelnd ausrief, öffnete er noch einmal die Augen, um sie für immer zu schließen. Thisbe vereinigte sich durch denselben Dolch, der ihr den Geliebten entrissen hatte, mit ihm auf ewig. Der mit dem Blute bespritzte Maulbeerbaum trug seitdem rothe Früchte.
- ↑ 43. Virgil schüttelt das Haupt, weil seinen Zögling nur der Lohn antreibt, das zu thun, was die Vernunft verlangt, weil er wie ein Kind ist, dessen Nichtwollen durch die versprochene Frucht besiegt wird.
- ↑ [57. „Wo man stieg“ „ove si montava“ = wo die Treppe war.]
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_349.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)