Ich glaube schon die Zukunft, der das Heut
Nicht alt erscheinen wird, vor mir zu schauen,
Den Busen mit den Brüsten offenbaren,
Dies von der Kanzel in Florenz verbeut.
Um mit bedeckter Brust einherzugehn,
Von Staat und Kirche Rügen erst erfahren?
Was ihnen schon der Himmel vorbereitet,
Sie würden heulend, offnen Mundes, stehn.
Eh’ auf deß Wange, der jetzt eingelullt[2]
Von Eipopeia wird, sich Flaum verbreitet.
Sieh Alle, die dorthin die Augen lenken,
Wo du die Sonne deckst, voll Ungeduld!“
Was du mit mir einst warst, und ich mit dir,
So wird noch jetzt dich die Erinnrung kränken.
Als Führer geht, mich mit sich fortgenommen,
Als rund euch schien der Bruder dieser hier.““[3]
Bin ich durch wahren Todes tiefe Nacht
Mit ihm in diesem wahren Fleisch gekommen.
Zu diesem Berg, wo die sich grad’ erheben,
Die einst das Erdenleben krumm gemacht.
Bis ich gelangt zu Beatricen bin;
Ohn’ ihn dann muß ich weiter aufwärts streben.
- ↑ 100. Die Frauen von Florenz waren damals sehr frei in ihrem Anzuge. [Es ergingen zuerst Luxusgesetze dagegen, erst im Jahre 1350 ein Kanzelverbot. Davon konnte Dante nichts wissen, spricht also mit wirklich hellsehendem Blick.]
- ↑ [110 ff. = ehe die Kinder Männer werden kommt das Unglück.]
- ↑ 120. Der Bruder Dieser hier, der Mond, als er voll war.
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_329.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)