Sie riefen: „Heil dem Dürstenden!“ und schwiegen,[1]
Und ohne Weit’res war ihr Sinn erklärt.
Ging aufwärts, den behenden Geistern nach,
Und sonder Mühe ward der Kreis erstiegen.
Mein Meister nun, „ist andre stets entglommen,
Wenn sichtbar nur hervor die Flamme brach.
Zum Höllenvorhof, und mit uns vereint,
Von dem ich, wie du mich geliebt, vernommen,
Wie wir sie selten Nie-Geseh’nen weihen,
So, daß nur kurz mir diese Stiege scheint.
Löst mir zu große Sicherheit den Zaum,
Und wolle Kunde mir als Freund verleihen:
Bei solcher Weisheit, wie dein eifrig Streben
Errungen hat, in deinem Busen Raum?“
Dann sprach er: „Jedes Wort aus deinem Mund,
Zeugt’s nur von Liebe, muß mir Freude geben.
Die falsche Zweifel in der Seel’ erregen,
Weil tief verborgen ist ihr wahrer Grund.
Daß mich der Geiz auf Erden einst geplagt,
Vielleicht weil ich in diesem Kreis gelegen.
- ↑ 5. Heil dem Dürstenden, Beziehung auf Matthäus 5, V. 6: Selig sind, die da hungert und dürstet nach Gerechtigkeit. – Hier beim Uebergange von der Buße der Geizigen zu der der Schwelger ist die Erinnerung an dieses Wort Christi ganz am rechten Orte.
- ↑ 7. Die Prophezeihung Virgils, daß ihm die Mühe werde zum Genusse werden, fährt fort sich zu erfüllen.
- ↑ 10. Wenn wir erfahren, daß ein Anderer uns wegen dessen, was gut in uns ist, liebt, so lieben wir ihn gewiß wieder. Deshalb liebt Virgil den Statius, seitdem er von der Liebe desselben zu ihm durch Juvenal unterrichtet ist.
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_320.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)